Donnerstag, 7. Februar 2013


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Teile 2 von 2
Fortsetzung von Teil 1

Der vorerst letzte große Schritt zur Anhebung unserer Lebensqualität war ein neues Bett. Nachdem wir uns ein paar Tage mit dem Luftbett rumgequält haben, dass nach jeder Nacht kaum noch Luft drin hatte, brachten wir ein Futonbett in die Yurte, die bei J&J im Schuppen rumlag. Großzügigerweise überließen sie uns das Futonbett, was schon mal viel besser war als die erste Variante. Doch auch das war nicht das gelbe vom Ei. Bei einem unserer Besuche bei Beckys Eltern in Connecticut kauften wir uns eine große Doppelbettmatratze. Zu dieser Matratze baute ich im Anschluss ein Bett aus den letzten Holzresten, die noch unter der Yurte lagen und auf Verwendung warteten. Nicht nur dass dadurch die Yurte viel gemütlicher aussah, auch hatten wir nun schlagartig genug Stauraum für alle Dinge, die irgendwie aus dem Wohnraum verschwinden mussten. Am Ende ist die Yurte doch nur eine Yurte und die füllt man eben mal schnell mit Dingen, besonders wenn sie um sont kommen. :)


Becky hat mitlerweile ihren alten Job wieder bekommen, bei dem sie vor ein paar Jahren aufgehört hat, um in Portland ihren Master zu machen. Es ist eine Teilzeitstelle im Restaurant „Fritz“, in dem sie Sandwiches macht, Pommes frittiert und Gäste bedient. Die Arbeit bezahlt zwar relativ miserabel, doch mit Trinkgeld ist es ganz ok. Einer der großen Vorteile des Jobs ist, dass sie unendlichen Zugriff auf Brot, frisches Fleisch und sehr viel Gemüse hat, das ansonsten im Müll landen würde, weil es entweder nicht die genormte Sandwich-Größe hat oder einen Tag alt ist. Das hat unsere Lebensmittelausgaben schlagartig fast auf null runter gedrückt, wodurch die Arbeitsstelle trotz schlechter Bezahlung einen leuchtenden Heiligenschein bekommt.
Während Becky auf Arbeit ist und Geld verdient, bleibe ich zu Hause und spiele Hausmeister und Hausmann. Stück für Stück machte ich die Yurte immer besser und effizienter. Es gab noch viele viele kleine Dinge zu tun. Doch der Winter rückte uns auf die Pelle, weswegen ich die Priorität auf Holzbeschaffung legte. Einen Tag arbeiteten wie alle zusammen ein paar Stunden im Holz. Jason schnitt mit der Kettensäge, Jane und Becky rollten die Stümpfe zum Spalter und ich spaltete und füllte Jasons Anhänger. An dieser Stelle möchte ich kurz was zu den Maschinen sagen. Manchmal mag es den Anschein haben, dass ich zurück ins Steinzeitalter will und Technologiefeindlich bin. Das ist nicht der Fall. Angemessene Technologie ist völlig in Ordnung. Kettensäge und Holzspalter sind für mich Teil dessen. Sicher, man könnte rausgehen und mit einer Handsäge Bäume fällen, zersägen und dann mit einer Axt spalten. „Haben die doch vor nicht allzu langer Zeit auch gemacht“, mag mancher jetzt sagen. Sicher, das haben die. Und wenn es sein müsste, ginge das auch. So weit ich mich erinnere war fast der komplette Thüringer Wald mal abgeholzt, ohne Öl und Gas betriebene Maschinen. Doch wir haben nun Öl und Gas betriebene Maschinen. Und die sind ja nicht von grundauf schlecht. Nur wenn davon übermäßer Gebrauch gemacht wird, hat es negative Auswirkungen. Ein Holzfeuer zwecks Wärme zu machen ist nicht schlecht. Das haben vorindustrielle Völker zehntausende Jahre lang gemacht, ohne zwangsläufig Wälder verschwinden zu lassen. Wenn das aber aus dem Ruder läuft, dann siehts übel aus. Ein Spalter jedenfalls braucht zwar Benzin, doch mit 10 Litern kann ich das komplette Holz spalten, das wir in einem Jahr verbrennen würden. Andererseits würde ich wochenlang die Axt schwingen müssen und mit den Jahren mir den Rücken kaputt machen. Die Motorsäge braucht noch viel weniger. Für die letzten acht großen Bäume, die ich in unterarmlange Stücke zersägt habe, brauchte ich nur zwei Liter. Wir müssen die Kette öfter schleifen lassen, als den Minitank aufzufüllen. Wenn man bedenkt wie viel ein Auto schluckt und mit wie wenig andere Machinen im Vergleich laufen und welch immens große Arbeit in null komma nichst damit verrichtet werden kann, ist das wirklich erstaunlich. Dabei muss gesagt werden, dass aber auch viel Energie nötig ist, um ein 800kg schweres Auto zu bewegen, mit dem dann aber oft nur 75kg menschliche Masse fortbewegt werden. Alles muss halt relativiert werden. Jetzt bin ich abgeschweift und komme zum Thema zurück.
Wir haben also zu viert ein paar Stunden Holzarbeit verrichtet. Die Hälfte ging an Jason und die andere Hälfte hat er uns gegeben. Dieser Haufen hat uns die ersten sechs Wochen mit Wärme versorgt. Wäre das Holz trocknener und besser (lag drei Jahre lang auf Wiese rum) gewesen, hätte es wahrscheinlich noch ein ganzes Stück länger gereicht.


Die nervigste Arbeit im Hinblick auf Holz war, es von der einen Seite das Baches direkt neben die Yurte zu kriegen, wo ich es fein deutsch und säuberlich auf mehrere Stapel verteilt aufschichtete. Glücklicherweise fanden wir bei einer unserer Müll-Schatzsuchen ein zweirädriges auffaltbares Metall-Omawäagelchen, das perfekter nicht sein könnte zum Holz über die Brücke fahren. Ein tolles Gerät und trotzdem bedurfte es hunderte Male rüber und nüber laufen und das Wäagelchen hinter sich herziehen, bis alles Holz da war, wo wir es haben wollten.

Als unsere „Heizung“ mit dem Holz dann also für einige Wochen einsatzbereit war und es stetig kälter wurde, war es an der Zeit die Yurte so gut es ging zu versiegeln. Und hier kam die nächste große Errungenschaft der Menschheit zu Gebrauch: Duct Tape (Gaffa oder Gewebeklebeband). Es gibt wohl ein Buch, in dem man lesen kann, wie man so gut wie alles mit Duct Tape reparieren oder herstellen kann. Die „Wand“ unserer Yurte hat der Erbauer beispielsweise nur aus Plane, transparentem Plastik und Duct Tape fabriziert und ich habe mit Duct Tape die „Wand“ am Fußboden festgeklebt und somit den Schlitz verschlossen, einmal die Runde rum ging und durch den ein großer Teil kalter Luft in die Yurte eindrang. Alle weiteren Zugstellen, Löcher, Schlitze, …, habe ich mit einem Stück Duct Tape überklebt und der Unterschied zu vorher ist nun nicht mehr verkennbar.

Die letzte große Verbesserung war das Abwassersystem.


Zum Zähne putzen oder Nudelwasser abgießen sind wir bis dahin einfach raus auf die Terasse gegangen. Doch das wurde mit der Zeit echt ätzend und so habe ich ein Waschbecken gebaut. Ein Stück PVC-Rohr haben irgendwo mal gefunden und an dessen Ende klebte ich ganz simpel mit Duct Tape den Plastik-Lampenschirm einer unserer alten Lampen, der die perfekte Form eines kleinen Waschbeckens hat. Das Rohr habe ich durch eines der Löcher im Boden nach draußen geführt, wo es am Waldboden in einer kleinen Mulde endet. 

Dort versickert das, was auch immer aus dem Rohr kommt. Es fallen bei uns im Durchschnitt schätzungsweise 3-5 Liter Schmutzwasser am Tag an, von dem das meiste Abwaschwasser (bestehend aus Wasser, Essenskrümeln und ein Klecks biologisch abbaubares Fit), morgens und abends jeweils eine halbe Tasse Mundspülwasser (bestehend aus Wasser, Ökozahnpasta und Speichel) und ca. ein mal die Woche Nudelwasser oder Katoffelwasser ist. Wir gehen einfach mal davon aus, dass der Waldboden mit seinen Wurzeln und Mikroorganismen damit fertig wird und das puffern kann, ohne dass wir ganze Ökosysteme zum Kippen bringen. 

Nun waren alle größeren notwendigen Dinge an Ort und Stelle und ich hatte nun Zeit mich auf Details zu konzentrieren. Ein viel genutztes Wohnassesoir ist beispielsweise die Ablegefläche direkt über dem Ofen. 

 Zwischen zwei der Stützbalken habe ich ein Brett eingefügt, das nun unendlich viel Gebrauch findet. Es ist großartig um Dinge warm zu halten (wie z.B. einen gehenden Hefe-Brotteig) oder zu trocknen. Ganz besonders nützlich ist die Fläche für unser Geschirr zum Trocknen. Wir haben ein wunderbares Geschirr-Abtropfgestell gefunden, das perfekt in eine unserer kleinen Plastikwannen reinpasst. Voll beladen kommt die Wanna nach dem Spülen auf das Ablagebrett und eine Stunde später ist das Geschirr trocken. Wir haben uns auch angewöhnt wenn Platy vorhanden ist so viel wie möglich Holzscheite darauf zu stapeln. Nach einigen Stunden dort oben liegend ist das Holz knusprig trocken und heizt uns ordentlich ein.

Eine weitere interessante Geschichte ist der Ventilator. Auf der Müllkippe haben wir einen tadelosen 100 Watt Metallventilator gefunden. Für diesen habe ich eine Art schwenkbaren Seilzug gebaut. Normalerweise hängt der Ventilator an zwei Schnüren von einem drehabern kleinen Brett, das direkt am Dachring befestigt ist. Woimmer wir uns eine längere Zeit aufhalten, dort wird der Ventilator dann hin geschwenkt, um die sehr warme Luft von oben nach unten zu blasen. Das ist ein sehr einfaches, bedienunsgfreundliches und effektives System. Mit ein paar Handgriffen können wir den Ventilator aber auch komplett runter nehmen und direkt hinter den Ofen hängen, wo er dann Luft durch die Heizrohre des Ofens bläst und wir an der Vorderseite des Ofens dadurch einen süchtig machenden warmen Föhn haben, an dem man sich wirklich stundenlang aufwärmen und laben oder einfach nur nach dem Duschen trocknen kann.

Natürlich gab es noch etliche kleine Bauprojekte, bei denen ich aber nicht in die Tiefe gehen will. Was die meisten Leser wahrscheinlich eher interessiert ist, wie so unter tägliches Leben abläuft. Welche Hausarbeiten müssen wir erledigen und welche besonderen Herausforderungen sind uns bisher begegnet.




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