Dienstag, 25. Dezember 2012

Teil 1 von 1 - Vorbereitung, Bau und die ersten Tage in der Yurte


Hier kommt nun der neue Blog zu unserem Leben in einer Yurte. Wir wollen so viele Infos und Fotos wie möglich veröffentlichen, um nützliche aber auch unterhaltsame Anregungen an Interessierte weiter zu geben. Geteilte Freude ist doppelte Freude. Also ran ans Lesen.

Die Yurte (Jurte) - was ist denn eigentlich eine Yurte?

Wikipediaartikel zu Jurte

Da das nun geklärt ist, möchte ich auch gleich starten. Wie haben wir angefangen, wo sind wir jetzt und wo wird es hingehen? Auf diese Fragen werden die folgenden Einträge eingehen.

Teil 1 von 1



Die Fahrt von Beckys Eltern in Orange, Connecticut bis nach Winchester, New Hampshire dauert etwas über zwei Stunden. Winchester hat irgendwas bei 5000 Einwohner. Da die Stadt aber so breitgelatscht ist, wirkt es eher wie eine kleine Siedlung. Jane und Jason leben zusätzlich noch ca. Drei Kilometer von der Downtown entfernt, wodurch noch mehr Ruhe auf ihrem Grundstück herrscht. Man fühlt sich dort, um genau zu sein, wie mitten in der Wildnis.
Von der Straße, die selbst nur eine unasphaltierte Straße ist, fuhren wir links auf Jane und Jasons Einfahrt ab, die ca. 300M den Berg hinauf bis zu ihrem Haus führt. Der Weg ist eigentlich eher was für Traktoren als Autos und verändert sich mit jedem Regen. Also auf klardeutsch eine richtige Scheißstraße. Mit ach und krach schaffte es der Truck den Berg rauf, ohen etwas bei der holprigen Fahrt zu verlieren.

Am nächsten Tag den 6. Oktober gings dann so richtig an die Arbeit und das Projekt Yurte wuchs aus seinen Vorbereitungen heraus und wurde offiziell angepackt.

Jason hatte ein paar Plätze im Kopf, die sich gut für eine Yurte machen würden. Am Ende viel die Entscheidung aber ziemlich einfach und schnell. Wir entschieden uns für die jetzige Stelle aus den folgenden Gründen:

  1. Der Bach ist nur ca. 10 Meter entfernt, wodurch alles sanitäre deutlich einfacher wird.
  2. Man kann bis auf ca. 20 Meter mit dem Auto an die Yurte ran fahren, was sich als Lebensretter erwieß!!!
  3. Die Stelle ist relativ flach und brauchte nur wenig Bearbeitung, um mit dem Bau zu beginnen.
  4. Das Haus ist nur ca. 150 Meter entfernt, was uns den Segen von elektrischem Strom beschert, sowie schnellen sozialen Kontakt ermöglicht.

Das waren so die Hauptaspekte, die den Platz zu Gewinner machten.

Kahlschlag und Landbearbeitung


Als allererstes musste eine Fläche geschaffen werden, die genug Platz für unsere Yurte bietet. Da die kompletten 40 Hektar von J&J Wald sind, ließ es sich nicht umgehen ein paar Bäume zu fällen. Jason fing an mit der Kettensäge Bäume raus zu schneiden, während Becky, Jane und ich die Äste auf immer größer werdende Haufen aufschichteten, dann die zerstückelten Stämme zu Feuerholzstapel aufstapelten und versuchten Ean (J&J's Sohn) davon abzuhalten uns von der Arbeit abzulenken.
Außerdem räumten wir alle halb verotteten Äste und Bäume beseite, die auf der Lichtung lagen.

Von J&J's Haus aus kann man mit dem Auto auf einem engen Waldweg 100m reinfahren. Dort muss man parken und 10m zum Bach runter laufen, den man dann überqueren muss, um auf den Yurtenplatz zu gelangen. Beispielsweise unseren Holzofen (ca. 200kg) auf die andere Seite zu kriegen währe so gut wie ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Also musste eine Brücke her. Jason fällte zwei größere Bäume am Bachufer so, dass sie fast perfekt nebeneinander über den Bach stürzten und soit die Brücke schon fast fertig war. Mit seinem Traktor zog und schob er die Stämme dann in perfekte Position, sodass nur noch Bretter drauf mussten, um die Brücke angenehm begehbar zu machen. 


 

All diese Aktionen haben zwei Tage gedauert. Das waren zwei Tage, die J&J uns von ihrer Zeit als Hilfe zur Verfügung stellten, da dafür einfach viele Hände und ein paar Maschinen notwendig waren.

Materialerbeutung oder Die Liebe zur Müllhalde – das beste Ressourcenlager der Menschheit

Die Yurte hat 1900 Dollar gekostet. Dazu kamen 165 Dollar für den Ofen und ein paar weitere kleine Investitionen, die einfach nötig waren, wollten wir so schnell wie möglich einziehen und wenigstens etwas komfortabel leben. Der konventionelle Häuslebauer wäre nun in den Obi gefahren und hätte alle “Notwendigkeiten” für viel viel Geld gekauft. Wir wollten es aber bei unseren Ausgaben belassen und wie schon vor über zwei Jahren beim Floßbau hauptsächlich das nutzen, was alle anderen wegschmeißen. Und wir leben in der kapitalistischsten aller Gesellschaften – da wird unheimlich viel weggeschmissen. So viel, dass es mir schlecht wird und ich Agressionen bekomme.

Ich hatte schon genau im Kopf, wie schnell, effizient und kostenlos eine prima Plattform bauen konnten, auf der die Yurte stehen würde.

Paletten, Paletten und nochmals Paletten!!! Paletten sind das Großartigste Fertigbauelement, das man in die Finger kriegen kann. Großmärkte wollen sie umsonst los werden, sie sind äußert stabil, doch gleichzeitig relativ leicht und lassen sich super einfach bearbeiten (wer bitte ist denn nicht in der Lage einen Nagel in eine Holzlatte zu schlagen?). Hinzu kommt noch, dass die meisten Paletten eine genormte Größe haben, wodurch es nochmals einfacher ist zu planen und zu bauen. Da die Paletten nicht direkt auf dem Boden liegen sollten, um Schimmel zu vermeiden, hatte ich im Kopf Betonblöcke unter jede Ecke zu legen, um Luft unter die komplette Palttform zu bekommen. Außerdem ist das Land etwas geneigt, was hieße: entweder graben und schaufeln wie ein Bekloppter und die komplette Fläche so auf Waage bringen, oder einfach nach unten hin immer höher werdende Betonblocktürmchen bauen, wo obendrauf dann die Paletten liegen. Graben kann man an dieser Stelle gleich vergessen, zumindest wenn man nur eine Hacke und eine Schaufel hat. Mit einem Bagger oder genug Zeit und den sechs Armen von Shiva geht es aber wir hatten weder noch. Der Höhenunterschied von der höchsten zur flachsten Stelle beträgt ungefähr einen Meter, was bedeuten würde, dass man einige Kubikmeter Erde und Gestein bewegen müsste, um das auf Waage zu bringen. Darauf hatten wir keinen Bock. Also Betonblöcke. Nun stellt man sich vielleicht die Frage: wo bekomme ich jetzt aber dutzende Betonblöcke kostenlos her? Doch wie gesagt, wir leben im Kapitalismus. Kurz rumfahren, die Augen offen halten und alles kommt zu einem hingeflogen.

Unsere erste Fahrt zur Müllhalde von Keene war ein voller Erfolg. Schon auf dem Weg dorthin entdeckte ich einen riesigen Haufen von Betonblöcken, genau die Art, die wir suchten, auf einer Art Schutthalde, wo mal ein Haus stand, das abbrannte, woher die Blöcke stammten. Wir fuhren mit dem Truck ran, beluden die Hälfte der Ladefläche mit Blöcken, fuhren weiter zu Müllhalde und packten den Truck voll, sodass er fast in die Knie ging. Alles was das Herz begehrte war dabei: Bauholz in Massen, eine Lampe, zwei große schwere Teppiche und einen Haufen von Krimskrams. Zurück bei J&J entluden wir alles und gingen wieder auf die Jagd. Nach ungefähr vier vollen Truckladungen hatten wir die wichtigsten Dinge beisammen, um mit dem Bauen zu beginnnen.

Das Tablett oder Die Plattform

Als erstes säuberten wir den Platz mit Rächen von allem Gröberen und steckten die Mitte mit einem Pflock ab und banden einen Strick dran, der genau die Länge des Radius der Yurte hatte, um dann mit dem anderen Ende des Stricks in einem Kreis um den Pflock zu laufen und in Abständen weitere Pflöcke für den Rand der Plattform abzustecken. Dann kamen die 25 Paletten ins Spiel, die die Palttform bilden würden. Wir legten sie aus und puzzelten so lange, bis alles passte.



Die nächsten zweineinhalb Tage war ich damit beschäftigt alle Paletten mit Blöcken oder Türmen aus Blöcken zu unterlegen, was eine absolut ätzende Arbeit war, während dessen Becky drei der gefällten Bäume mit einem Schälermesser zu entrinden begann, die später Teil der Yurtenkonstrukion sein würden. Als die Plattform fertig war, sah alles schon viel besser aus. Einige der Türmchen waren 

alleine zwar etwas wackelig, aber sobal die Plattform mit dem Yurtenboden verschraubt sein würde, wäre das kein Problem mehr. Das nächsten Puzzel war der Yurtenboden. Er besteht aus ca. 1cm dicken Spanplattenteilen, die so zusammen passen, dass am Ende ein perfekter Kreis rauskommt. Nach ewigem Hin- und Herschieben und Rumgedrehe lag der Boden endlich in seiner letzten Position, so, dass er nicht mehr als eine Handlänge über die Palettenplatform überhing. Er sollte ein wenig überhängen. Der Grund kommt später. Auf Zehenspitzen schwebend (um ja nichts zu verschieben) verschraubten wir nun jedes Fußbodenteil mit den darunter liegenden Paletten, um aus den losen Teilen von Plattform und Fußboden ein einziges Stück Bauwerk zu machen, wo sich nichts mehr bewegen sollte. Ein paar hundert Schrauben später war das ganze dann eine solide gelandete Untertasse.

Die Yurte

Fünf Tage hat es gedauert, bis wir mit dem Bau der eigentlichen Yurte anfangen konnten. Naja, eigentlich zählt ja der Fußboden schon voll mit dazu aber so richtig spannend wird’s erst, wenn das eigentliche Zelt aufgebaut wird.

Es gibt 10 Wandpfeiler, die aus handgelenksdicken Ästen bestehen. Diese wurden in die dafür vorgesehenen Löcher am äußersten Rande des Fußbodens gesteckt, sodass sie idealerweise an der darunter liegenden Plattform vorbei gleiten und dann genüsslich ein paar Zentimeter in den Waldboden eindrangen, wo sie verweilen sollten. Leider war der Waldboden so weich, dass sie teilweise nicht mehr aufhörten mit dem Eindringen und immer weiter einsunken, sobald man etwas Belastung oben drauf gab. Dagegen haben wir einfach Bretter untergelegt, um den Druck auf eine größere Fläche zu verteilen. Als alle Pfeiler aufrecht in den Löchern steckten, wurden sie dann an den Enden mit Balken verschraubt, sodass am Ende ein Ring entstand, der in ca. 1,50m Höhe auf den Pfeilern ruhte. Mit etwas Rumgewurschtel brachten wir es fertig die Tür samt Ramen einzusetzen. So weit so gut für die Wand, die an der Stelle theoretisch nur noch ihre „Jacke“ brauchte.
Was als nächstes kam war das Dach, was sich easy anhörte zu errichten, uns jedoch dann etliche Sorgen bereitete. Joe sagte: „Hier gebe ich euch noch ein paar Rollen Yurtestrick mit, mit dem ihr die Dachlatten an dem Wandring und an dem Dachring verbindet.“ Die Latten hatten dafür vorgebohrte Löcher. Einfach ein Stück Strick durchs Loch fummeln, um den Balken wickeln und dann nen Knoten machen. So hat Joe die Yurte aufgebaut, wie wir sie gesehen haben, als wir sie von ihm abkauften. Also probierten wir genau das, obwohl ich da schon skeptisch war, dass so ein Bisschen Strick das Gewicht und zusätzliche Schneelast im Winter aushalten sollte. Natürlich funktionierte es nicht. Wir starteten mit vier Latten. Diese verknoteten wir zuerst mit dem Dachring und wollten dann den Ring nach oben in die Höhe drücken, wo er hin gehörte, damit wir danach das andere Ende der Latten mit den Balken der Wand verknoten konnten. Doch die Last war immer zu groß, sodass der Strick riss und riss und riss. Scheiße, dachte ich. Wie soll das denn funktionieren??!! Ein stärkeres Verbindungsstück für die Wand musste her. Mir kamen Kabelbinder in den Sinn. Die halten was aus und das dämliche Rumgefriemel und Knotenmachen fiel dabei auch weg, was mich bei den 32 Latten zum Ausrasten gebracht hätte. Also fuhren wir fluchs nach Winchester in den Baumarkt und kauften die dicksten und längsten Kabelbinder, die es gab.
Zurück an der Yurte probierten wir sie noch schnell vor dem Sonnenuntergang aus und und waren enttäuscht, als auch das nichts half.
Ich würde sie mit dem Dachring verschrauben und an der Wand Kabelbinder verwenden“, sagte ich schließlich zu Becky. Am Ende würden sowieso noch drei massive Pfosten in der Mitte der Yurte stehen, die den Ring hoch halten, damit unsere Hütte auch ja Lastensicher ist. Damit wäre auch zu viel Stress von der Wand weg genommen, die eh nicht sehr stabil ist. An dieser Stelle ist uns beiden bewusst geworden, dass wir die Yurte anders designed hätten. Doch nun 
 mussten wir uns halt was einfallen lassen, um trotzdem erfolgreich zu sein.
Am nächsten Tag gings mit neuem Plan ans Werk. Ich bohrte Löcher in die Latten vor, um sie beim Verschrauben nicht zu sprengen. Wir nahmen einen starken langen Ast, an dessen Ende wir ein Kreuz aus Brettern nagelten. Dann stellten wir den Ast senkrecht in der Mitte der Yurte auf, legten den Ring oben drauf, spannten das ganze nach fünf Seiten mit Seilen ab, sodass es freihand stand und ich begann die Latten an den Ring zu schrauben, während Becky gleichzeitig das andere Ende mit Kabelbindern an den Wandbalken befestigte. Als alles fertig war, nahmen wir den Stützast weg und: tadaaaaa, das Gerippe der Yurte stand, ohne in sich zusammen zu fallen. Dann warfen wir die Dachplane über und fertig war der überdachte Unterstand. Das Ding nahm tatsächlich Form an!

In den folgenden Tagen umspannten wir die „Wand“ mit der Plane und machten eine richtige Wand draus, eine Zeltwand und zwei der drei Pfosten rein. Mit J&J's Hilfe richteten wir sie auf und hoben so das komplette Dach nochmals um einen halben Meter weiter hoch. Nun war das Dach nicht mehr freistehend, einzig auf der Wand aufliegend, sondern lag auf den Pfosten. Dadurch veränderte sich alles. Das komplette Konzept der Yurtenkonstruktion änderte sich. Alle Kräfte und Belastungen und wie sie wo auf was wirkten änderten sich total. Dadurch bewegte sich auch alles wieder und verzerrt und verschoben und wir mussten im Prinzip fast von neuem anfangen die Wandpfosten auf gleiche Länge zu bringen.

 Jason baute uns einen zweiten Ring, den wir dann zusammen von unten an die Latten anlegten und mit 16 Bolzen mit dem oberen Ring so verschraubten, dass die Latten von beiden Ringen wie in einem Sandwich eingeklemmt wurden. So gab es keine Möglichkeit mehr, dass die Latten sich irgendwo hin bewegten. Bis dahin hingen sie nur, festgeschraubt am oberen Ring, was bei Schneelast etwas beunruhigend und höchst wahrscheinlich nicht sicher gewesen wäre. In der Zwischenzeit reinigten Becky und Jane unsere Teppiche, die wir von der Müllhalde aufgelesen haben. Am Ende des Tages brachten wir all unsere Habseeligkeiten in die Yurte. Jason half uns dabei mit seinem Traktor. Er lud alles auf die Gabeln und fuhr das Zeug bis zur Brücke, was uns eine riesen Mange Schlepperei ersparte.

Fertigstellung“


Acht Tage nach Beginn der Baumfällarbeiten stand die Yurte, so wie sie jetzt steht. Fertig war sie allerdings noch lange nicht. Wir hätten nie gedacht, wie lange es noch dauern würde, bis wir das erste mal den Ofen einheizen und unsere erste Nacht im neuen Eigenheim verbingen würden. Zuerst musste noch der Ofen sicher installiert werden, was sich hauptsächlich auf den Schornstein beschränkte. Dieser sollte planmäß durch die Mitte des Dachrings nach draußen führen. Dafür mussten wir jedoch erst eine Konstruktion bauen, die den Schornstein auch sicher in der Mitte hält, sowie eine Art Dom schafft, wie man es von traditionellen Yurten her kennt, die den Regen auf die große Dachplane ableiten soll. Nach akribisch deutschem Rumtüfteln, vielfach Vermessen, Sägen und Schrauben, hatte ich eine Konstruktion zusammen, die aus einem Ring (oh man, noch ein Ring???) oder besser gesagt einem Hexagon bestand, dass auf drei nach außen gespreizten Beinen stand, welche wie auch die Latten zwischen die beiden Dachringe eingeklemmt wurden. Durch dieses Hexagon wurde dann das einzige Stück Schronstein geführt, das wir gekauft haben. Für das Bisschen Metall haben wir 100 Dollar hingelegt. Es ist ein ca. 1m langes Stück isolierter Schornstein, der nicht heiß wird und somit mit unserer Plastikdachplane in Berührung kommen kann, die dann mit einem Loch in der Mitte über den Schornstein gestülpt wurde und mit Gaffa (Ducktape) direkt am Schornstein regendicht abgeschlossen wurde. Wie man sieht, haben wir alle unsere Bauweisen und Probleme auf die kostengüstigsten und einfachsten aber recht effektiven Varianten gelöst.

So, Platform gebaut, Yurte errichtet, Ofen installiert und alle Planen drüber gelegt und verspannt. Das wars an großen Aktionen. Im Vornherein klang das für uns eher wie 3-4 Tage ein Bisschen rumwerkeln und dann würden wir drin schlafen. In der Realität hat es aber 12 Tage gedauert, bis wir das erste Feuer entzündeten. Das ist natürlich Nichts im Vergleich zu einem richtigen Haus, das Jahre dauern kann, doch für eine Yurte unerwartet lang, die dann im Schnitt doch nur um die drei Tage dauern. Das sind dann aber professionell gebaute Yurten, die wahrscheinlich mit Anleitung kommen und wir nicht bei jedem Schritt noch rumgetrickst werden muss. Dafür zahlt man dann aber auch seine 6.000-10.000 $. Da gönne ich mir doch 10 Tage mehr fürs Aufbauen.

Das erste Feuer



Alles war eingeräumt. Den Boden haben wir mit zwei Schichten dickem Karton ausgelegt, über die dann die Teppiche gewurfen wurden. Wenn wir schon in einem großen Zelt leben, wollten wir wenigstens was isolierendes für den Fußboden tun. Der Ofen stand in der Mitte auf seinen Fließen, das aufblasbare Bett lag an seinem Platz, der Tisch stand aufgebaut, der Schrank in seiner Ecke und die Müllhaldenlampen tauchten unser Heim in warmes, rotes und weißes Licht. In feierlicher Andacht und mit Kribbeln im Bauch knieten wir vor dem Ofen, dem Herzstück, unserem Leben spendenden Gott nieder, ergriffen den Zunder und das Feuerzeug und hauchten dem Haus den Odem ein: das erste Feuer!!! Es dauerte zwar 10 min bis es brannte, denn erst funktionierte das Feuerzeug nicht und wir mussten ein anderes vom Haus holen gehen und außerdem stellte sich Becky um ehrlich zu sein etwas ungeschickt an, doch dann flackerten die Flammen auf und … es fing fürchterlich an zu stinken! Wir sprühten den Ofen Tage zuvor mit neuer Farbe ein, um ihn wieder schick zu machen und vor Rost zu schützen und das Ergebnis stieg uns promt in die Nase. Es dünstete derart stechend die Chemikalien aus der Farbe aus, dass wir buchstäblich nach 20min mit Kopfschmerzen deprimiert zurück ins Haus gingen und noch eine Nacht bei J&J im Gästezimmer schliefen. Die beiden wurden auch schon langsam ungeduldig und wollten ihr Haus wieder für sich haben und wir wollten die Gastfreundschaft nicht überstrapazieren, doch es ging nicht anders. Der Ofen musste erst ein zwei Tage richtig heiß durchgefeuert werden, bis man sich in seiner Nähe aufhalten konnte. Also ließen wir ihn am nächsten Tag komplett laufen, während ich an der Brücke weiter baute und Becky die Dachplane mit einem Wasserabweiser anstrich.
Und an diesem Abend war es soweit. Es roch zwar immer noch recht heftig, doch man konnte es aushalten und so verbrachten wir unsere erste Nacht bei sternklarem Herbsthimmel in unserer Yurte.

Die ersten Tage

Die erste Nacht war bescheiden. Wenn der Ofen Holz bekommt, wird es sehr schnell sehr heiß im Haus, doch nach ein paar Stunden ist das Holz Asche und dann wird es sehr schnell sehr kalt, natürlich weil wir in einem Zelt wohnen und die Isolierung fehlt. Wir legten uns also angenehm warm ins Bett und wachten mitten in der Nacht frierend wieder auf. Außerdem verlor das Luftbett langsam seinen Inhalt, wodurch der kalte Boden immer näher kam und es immer ungemütlicher wurde. Doch die anfänglichen Probleme lösten sich schnell auf, nachdem wir unser Verhalten geändert und die Yurte weiter verbessert haben.
Unsere Küche war einfach nur der Küchentisch mit dem 2-Brenner-Campingkocher drauf, der unser neuer Herd sein würde. Am Tisch wurde gekocht, gegessen und sonstigerweise Zeit verbracht, sofern wir nicht schliefen oder arbeiteten. Wenn Geschirr angefallen ist, dann mussten wir zum Bach runter stolpern (es liegen einige Bäume im Weg) und dort unser Geschirr waschen (ohne Spülmittel). Das war natürlich etwas nervig, doch bis das jetzige System installiert war, dauerte es noch ein paar Tage.
Die Toilettengeschäfte haben sich erstaunlicherweise zu Beginn von alleine geregelt. Für den flüssigen Ballast traten wir einfach nur vor die Tür und wechselten wie bei der Vier-Felder-Wirtschaft immer mal die Bäume, um den Dünger auch ganz bewusst gleichmäßig zu verteilen. Der Rest kam immer genau zur richtigen Zeit, gerade dann, wenn wir in J&J's Haus oder in der Gegend unterwegs waren. Das erste große Geschäft wurde erst eine Woche nach dem Einzug in der dafür hergerichteten Einrichtung abgewickelt (abgewickelt – man lasse sich das Wort mal auf der Zunge zergehen).

Die ewige Verbesserung des Eigenheims

Nachdem wir nun endlich aus dem Haus und in die Yurte eingezogen sind und alles was wir zum Leben brauchten auf sehr sporadische Weise befriedigt wurde, war es nun an der Zeit mit kleinen Tricks und Baumaßnahmen unseren Lebenskomfort um ein Vielfaches in die Höhe zu treiben. Dazu zählte:
  • die Wassersituation verbessern.
  • Ein Plumsklo bauen
  • eine Küche bauen
  • Matratze kaufen und Bett bauen
  • die Yurte so gut es geht Luftdicht abschließen
  • Strom in die Hütte holen
  • jede Menge Holz besorgen
  • und all die restlichen Problemchen beheben, die unterwegs noch angefallen sind

Dieser Prozess hat sich über mehr als einen Monat hingezogen. Becky hat ihren alten Job wieder bekommen, bei dem sie vor zwei Jahren aufgehört hat. Sie fing also bei Fritz, einem Sandwichrestaurant an zu arbeiten, da ihre Schulden vom Studium demnächst an die Tür klopfen und zurück gezahlt werden wollen. Ich blieb derweil zu Hause und bastelte an all den oben genannten Projekten rum.
Erste Priorität war Wärme.
Der komplette Fußboden ist mit zwei Schichten dicker Verpackungspappe ausgelegt. Am Anfang hatten wir nur zwei Teppiche und an den restlichen Stellen schaute überall der Karton raus. Doch mit der Zeit fanden wir immer mehr Teppiche, sodass nun der gesamte Boden mit weichem Fußschmeichler ausgelegt ist. Allein diese Maßnahme machte die Yurte schon deutlich wärmer, da alle Ritzen, wo Zug entstehen konnte, mit einigen Schichten aus Karton und Teppich überdeckt wurden. So wurde das ganze auch viel weicher und ansehnlicher. Um dem noch eins drauf zu setzen klebte ich die Wandplane mit Gaffa am Fußboden sowie die Dachplane mit der Wandplane fest. Wo vorher überall Ritzen und Löcher waren, gab es nun keine Möglichkeit mehr für die böse kalte Luft in unser Haus zu strömen. Das machte einen riesigen Unterschied. Es gab so gut wie keinen Zug mehr, zumindest nicht im Vergleich zu dem, was vorher in der Yurte abgegangen ist.

Das nächste war das Plumsklo. Circa 30m von der Yurte weg, den Hang hoch und weit genug weg vom Bach (mindestens 50m!!!) gab es ein kleines Miniplateau, das sich geradezu anbot für ein Klo. Mir graute es etwas bei dem Gedanken mit bloßen Händen ca. 2m tief in den Boden zu graben. New Hampshire ist dafür bekannt Steine zu züchten. Der Staat wird auch Granite State genannt, weil alle Böden mit Milliarden von Steinen übersät sind – ich nehme mal an ein Überbleibsel aus der Eiszeit. Doch zu meiner Überraschung ging es viel besser als erwartet. Mir kamen zwar dutzende Fußball und Faustgroße Broken in die Quere, doch der Rest war fast nur lockerer Sand. Mit Spitzhacke und Schaufel grub ich mich im Nu immer tiefer und tiefer. Das Loch hat ungefähr einen Durchmesser von 50cm und ab einer gewissen Tiefe musste ich mich hinein hocken und eine Plastikschüssel zwischen meinen Beinen mit den Händen füllen, um noch tiefer zu kommen. Mit Schaufel und Runterbeugen war da nichts mehr zu machen. Als ich endlich so tief war, dass ich nicht mehr raus gucken konnte, hörte ich auf. Das müsste doch für eine sehr lange Zeit reichen.
Ich dachte, dass das Loch die nervigste Arbeit deises Projektes sein würde, doch es sollte anders kommen. Der Bau des Häuschens stellte sich als sehr viel anspruchsvoller heraus. Das Problem war, dass ich nur Holz von der Müllhalde zur Verfügung hatte. Alle Bretten waren unterschiedlich lang, breit und dick und ih konnte nicht gerade behaupten, dass ich Baumaterial in Massen zur Verfügung hatte. Jedes Brett musste also seinen Platz finden und die Handsäge durfte nur in äußerstem Notfall gebraucht werden. Ich wollte ja nicht zwei lange Bretter in vier kurze zerschneiden, nur um dann 10 min später fest zu stellen, dass ich zwei lange Bretter brauche, nun aber keine mehr da sind, da ich sie ja zersägt habe. Die Hütte sollte ja auch so gut es geht regendicht sein, eine ordentliche Schneelast aushalten und zudem noch niedlich aussehen. Also hieß es für viele Stunden: viel Nachdenken, Rumpuzzeln und ein schickes Patchwork-Häuschen aufzustellen, in dem es sich auch angenehm Geschäfte machen ließ. Fünf Tage ungefähr hats gedauert – drei Tage länger als erwartet – doch das Resultat konnte sich sehen lassen. Sogar drei kleine Fensterchen konnte ich reinbauen, sodass man genug Licht hat, um eine Zeitung zu lesen. Und gelesen habe ich bisher schon viel da drin. Nachdem der Haufen im Loch angekommen ist, gibt man einfach eine handvoll Holzasche oder Sägespäne hinzu und der Geruch ist somit relativ vernachlässigbar. Für Pinkelpausen haben wir einen Eimer in der Yurte, der in einer Holzbox steht. Da liegt eine Klobrille und ein Deckel drauf und wenn wir pullern müssen, dann dort hinein. Es wäre einfach nicht effektiv 10 mal am Tag die Tür aufzumachen, kalte Luft herein zu lassen, selbst auszukühlen und im Endeffekt mehr Holz zu verbrennen, nur um draußen pissen zu gehen. Beckys gesamte Famiele fragte entbrüstet: „Wie, ihr pisst voreinander? Das ist ja eklig!“. Becky fragte im Gegenzug: „Wie, ihr pisst nicht voreinander? Was habt ihr denn für Komplexe?“. Wir sind der Meinung, dass wenn man verheiratet ist, besonders seit 30 Jahren oder so, es irgendwie komisch ist, wenn man nicht mal voreinander auf Toilette gehen kann. Es gab da also ein paar witzige Moment mit Beckys Familie, worüber dann aber doch alle schmunzeln mussten.
Der Eimer wird natürlich jeden oder jeden zweiten Tag ausgekippt und NEIN: es stinkt nicht!!!

Nach einigen Tagen zum Bach hinunter balancieren, nur um den Topf mit Nudelwasser aufzufüllen, ging uns dann langsam auf den Geist. Die neue und schon geplante Lösung musste her. Wie der Zufall es so wollte, fanden wir bei einer unserer Sperrmüllsichtigungen einen langen, intakten Gartenschlauch. Mit diesem installierte ich ein Syphon. Für die, die nicht wissen, was ein Syphon ist: Man fülle den Schlauch mit Wasser und hänge ein Ende in eine Wasserquelle (in unserem Fall der Bach 30m hangaufwärts). Nun lege man den Schlauch über Stock und Stein (sogar bergauf in Relation zu dem Ende, was bereits im Wasser hängt) und bringe das andere Ende wohin man es will (es muss nur auf geringerer Höhe sein als der Anfang) und dann kann man beide Enden öffnen und das Wasser fließt. Naja, das sollte nun aber jeder noch aus dem Physikunterricht wissen (5. Klasse soweit ich mich erinnere). Mit diesem Syphon konnte ich das Ende des Schlauches direkt an die Yurte ran bringen. Wir müssen zwar immer noch zur Tür hinaus und ein paar Meter laufen, aber daran gewöhnt man sich. Alle zwei Tage füllen wir unseren 20l Kanister auf, der genaug Wasser fasst zum Kochen, Geschirr spülen und Duschen.

Hier sind wir nun beim Geschirr spülen und Duschen. Duschen – für viele das wohl interessanteste Thema.
Wie wascht ihr euch denn?“ ist eine berechtigte Standartfrage. Und nein, wir warten nicht ein paar Wochen bis wir völlig verklebt und verkeimt mal zu Besuch bei Beckys Eltern sind. Wir haben unsere eigene Methode: gegenseitig ablecken!!! Ach quatsch.
Wir haben einen ziemlich großen quaderförmigen Topf, den wir mit Wasser füllen und auf den Ofen stellen. Da der Ofen sowieso an ist und heizt und bietet sich es perfekt an, um Propangas aus der Küche zu sparen. Sobald das Wasser heiß genug ist oder sogar kocht (im Idealfall ca. 30min für ca. 15l) gehen wir raus auf die Terasse, dich ich in der Zwischenzeit aus Paletten gebaut habe, mixen dort in einer kleinen Wanne das heiße mit kaltem Wasser, um uns nicht zu verbrennen und mehr Duschwasser am Ende rausbekommen und dann duschen wir uns einer nach dem anderen gegenseitig mit einer Kanne. Das reicht ganz locker für zwei Personen und ist viel angenehmer, als man denkt. Ich kannte diese Variante des Duschens ja schon aus Indien, doch Becky war vor dem ersten Mal höchst verängstigt und brauchte eine halbe Stunde und viel Ermutigung meinerseits, bis sie sich auf die Terasse getraut hat. Ich gebe zu es war kalt, unter dem Gefrierpunkt, doch ich weiß auch, dass sobald das warme Wasser über den Körper läuft (und der Trick ist natürlich so kontinuierlich wie möglich – a.k.a. mit zwei Kannen abwechselnd), es ziemlich egal ist, wie kalt es draußen ist. Alles was man fühlt ist warmes reinigendes Wasser, das den Körper runter läuft. Wir verwenden natürlich nur Ökoseife und auch nur in geringen Mengen. Auf diese Art zu duschen löst zugleich auch das Problem der heutigen Wasserverschwendung zum Teil durch exzessives Duschen. Wir haben ungefähr 3-5 min Kannenduschen pro Person zur Verfügung. Das reicht um sich abzuspülen, einzuseifen, abzuspülen und ein paar Liter einfach nur so zum Genuss über zu gießen. Und wenn dann das Wasser alle ist, dann ist es alle. Da kann man noch so lange in die Kanne starren – die füllt sich nicht wieder. Das einzige was passiert ist: es bilden sich in kürzester Zeit Eisperlen, wo vorher Wassertröpfchen waren und die Terasse wird zur Schlittschuhbahn. Auch dreht man nicht einfach nur den Hahn auf und das Wasser fließt. Nein, man muss für seine Dusche arbeiten! Topf füllen und auf den Ofen stellen, eine halbe Stunde warten, Wasser rum- und numfüllen und sich dann in erotischer Zweieraktivität duschen. Das ist schon ein kleinerer Aufwand und man überlegt sich zweimal, ob man mal eben schnell „unter die Dusche hüpft“. Was ich damit sagen will ist, dass sich unsere Säuberungsaktionen auf ca. zwei mal die Woche beschränken. Ich behaupte jetzt mal: das hilft der Haut (jeden Tag duschen ist einfach nicht gesund, schon gar nicht mit Seife!!!) und der Umwelt (weniger Wasserverbrauch, weniger Abwasser). Ich weiß, viele werden jetzt sagen: „Boaaahhhhh, nääää – das wär mir viel zu umständlich“. Doch ich sage, nach 3 mal duschen hat man sich dran gewöhnt und kennt nix mehr anderes. Standarts und Konsum lassen sich angewöhnen, doch sie lassen sich auch wieder abgewöhnen, sofern es denn angebracht und notwendig ist (wo jeder selbst entscheiden muss, wann das der Fall ist).

Nachdem alle sanitären Einrichtungen einsatzbereit waren, folgte der letzte große Schritt ins 21. Jahrhundert: elektrischer Strom. Wie schon weiter oben erwähnt liegt J&J's Haus nur ungefähr 100m von unserer Yurte weg. Da kommt man gerade noch so mit Verlängerungskabeln hin. Beckys Vater hat drei Kabel mitgegeben und wir haben uns ein heavy duty Kabel gekauft. Dieses hängt in einer 20 Amper Steckdose am Haus und führt an der Wäscheleine hängend (die wird im Winter nicht gebraucht) in den Wald, wo es am Boden liegend Richtung Yurte führt. In das Ende ist das nächste Kabel gesteckt usw. bis in die Yurte, wo eine Verteilerdose mit sechs Steckplätzen liegt. Diese sechs Steckplätze sind alles, was wir brauchen (wollen). Zwei Energiesparlampen, eine Weihnachtsleuchterkette, ein Laptop-Ladegerät, ein Netzteil von der Stereoanlage (fetter Sound bei 36 Watt!!!) und ein Ventilator, der am Deckenring hängt und warme Luft von oben in den Wohnbereich bläst (Ganz Nebenbei, das verbessert die Gemütlichkeit ganz erheblich! Am Boden kann es eiskalt sein, während es direkt unter dem Dachring Saunatemperaturen sind. Ein leiser Ventilator gleicht das auf wunderbare Weise aus.)
Somit verbrauchen wir ziemlich genau 300 Watt, wenn alles angeschaltet ist. 100M Leitung auf vier Kabel verteilt ist wohl schon arg grenzwärtig was die Sicherheit und den Energieverlust angeht aber wir wollen damit ja keinen elektrischen Heizer betreiben, der die Strippe wohlmöglich zum Schmelzen bringen könnte. Bei 300 Watt Maximalleistung sollte das kein Problem sein. Und Jason hat mit seinem Ampmeter mal getestet, wieviel Strom wir auf die Länge verlieren: so gut wie gar nichts. Wir haben einen Ministaubsauger mit 150 Watt Leistung, den wir nur anschalten, wenn andere „größere“ Geräte ausgeschaltet sind. Das ist die einzige Vorsichtsmaßnahme, die wir berücksichtigen.

Eine weitere immense Verbesserung unseres Lebensstandarts war der Bau der Küche. Beckys Vater hat uns eine riesige edle Spanplatte mitgegeben, aus der ich eine mit Rundungen, schöne, organische Küchenplatte herausgesägt habe und zwei Stämme als Stützen drunter gesetzt habe.