Mittwoch, 30. April 2014

Mittwoch, 13. November 2013

Das Ende


Lange war es her. Sechs Montae kam nichts, doch nun gibt es wieder was zu erzählen.

Der Frühlich ist also auch in unserer Yurte aufgetaucht, damals im April. Das Leben wurde einfach und bequem. Der Holzhackhorror hörte auf und wir genossen einfach nur die Wärme, die sich nach dem langen Winter wieder breit machte.
Im Mai bekamen wir den ersten deutschen Besuch. Mein Vater und Sabine begaben sich auf den weiten Weg nach New Hampshire, um sich die Yurte anzusehen, auf eine kleine Rundreise durch Neuengland mit uns zu fahren und an unserer stark verspäteten Hochzeitsfeier teilzunehmen, die noch ausstand.

Wir riegelten die Yurte so gut es ging ab, um auf unseren drei monatigen Sommertrip zu gehen. Alles wurde gut verstaut und so weit es ging maussicher gemacht. Wir hatten ein gutes Gefühl unser Heim für eine Weile zurück zu lassen. Die Vorbereitungen sollten ja gut genug gewesen sein.

Nach der recht großen Party bei Beckys Eltern packten wir unsere Rucksäcke, wieder einmal, und wurden von Noah nach Hartford zum Flughafen gefahren. Für 18.30 Uhr war der Flug geplant. Eine halbe Stunde davor gab es allerdings eine interessante Ansage: „Delta Airlines sucht fünf Freiwillige, die den nächsten Flug, in 12 Stunden, nach Calgary nehmen, da das Flugzeug überbucht ist. Als Entschädigung erhält jede Person einen 400$ Gutschein.“
Na das ist ja großartig, unsere Tickets haben zusammen nur die Hälfte gekostet und einen Tag früher oder später ankommen ist irgendwie auch egal. Logischerweise waren wir die ersten am Tresen, die sich meldeten. Also wurden wir in ein Hotel kutschiert, dort einquartiert und am nächsten Morgen wieder zum Flughafen gefahren. Diesmal nahmen wir den Flieger. Bei einem Zwischenstop in Minneapolis kam die gleiche Ansage dann nochmal. Hmmmm, sollten wir noch ein Bisschen mehr Sahne abschöpfen? Nee, einmal Aufschiebung für unser Privattaxi in Calgary war genug. Nochmal wollte ich Calvin nicht anrufen und den Termin Abholtermin verlegen.

Die Einreise nach Kanada war natürlich wieder mal etwas brisant. Wir waren logischerweise eine der wenigen, die einer Spezialbehandlung der Einreisebehörden unterzogen wurden. Doch den Schmarrn bin ich mittlerweile gewöhnt und nach ein paar Witzchen hier und dort, um den Stock im Arsch des Beamten etwas zu lockern und den nötigen Erklärungen, um den Heimatschutzinstinkt des Beamten zu befriedigen, waren wir wieder freie Menschen des Planeten Erde und begrüßten Calvin am Terminal, der mit seinem Pickup auf uns wartete.

Es wurde ein Jeep Cherokee, perfekt für unsere Zwecke: Allrad, Geländetauglich, alt und billig, um kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn wir das Auto etwas zu sehr verprügeln würden. Nach fünf Tagen Besuch bei Calvins Familie und endlosen Stunden Internetsuche kaufetn wir schließlich das Auto nahe Calgary, meldeten es an, kauften Versicherung und fuhren Richtung Norden. Es gab drei große Feuer im letzten Jahr im Norden Kanadas, die recht vielversprechend für die diesjährigen Morcheln waren. Ich rief alte Kontakte an, an die ich in den letzten Jahren verkauft habe und so wurden wir in ein Feuer in Nordalberta gelockt, wo wohl schon die ersten Baby-Morcheln sprossen. Die Fahrt dauerte zwei Tage, doch dann wurden wir endlich mit einem perfekten Waldbrand links und rechts neben dem Highway belohnt. Allein beim Durchfahren ließ sich schon erahnen, wie gut die diesjährige Ernte sein würde.
Zehn Tage später war das Feuer abgemäht. Es waren mittlerweile viel zu viele Sammler unterwegs und unsere Erträge brachen langsam ein. So zogen wir weiter nach Zama City, einer 150-Seelen Oiltown mitten im Arsch der Welt. Und damit meine ich wirklich im absoluten Nichts. Zama wurde letztes Jahr von einem ungeheurem Waldbrand heimgesucht mit Ausmaßen von ca. 50km mal 150km. Es war riesig, nur leider auch komplett durchgeschmort. Nicht die besten Voraussetzungen für Morcheln, doch auch dort fanden wir genug Raum, um ordentlich unsere Eimer zu füllen. Gegen Ende hatten wir Probleme die abendlichen Geldscheine in die Gürteltasche zu zwängen. Da unsere nächste Bank ca. 10h Autofahrt weg war, sparten wir alles an und trennten uns nicht mehr von dem Ding. Wir schliefen mit der Gürteltasche, sammelten mit der Gürteltasche und wenn wir uns nach einem langen Arbeitstag bei der abendlichen Waschung die Asche vom Körper spülten, blieb die Gürteltasche immer im Sicht. Das war schon recht stressig aber anders gings halt nicht.

Nach 22 Tagen sammeln wurden wir so richtig krank, mit der heftisgten Angina, an die ich mich erinnern kann. Es war wahrscheinlich einfach zu viel für unsere Körper: jeden Tag teilweise bis 12h durch widrigstes Gelände kriechen und schwere Eimer voll mit Pilzen schleppen, während trilliarden von Mücken nicht abreißende Angriffswellen starteten – das fordert einen massiven Zoll! Und dieses Jahr waren die Mücken schlimmer als je zuvor. Becky war einige Male nah dran ihren Verstand zu verlieren. Bedauerlicherweise hat sie ihren erbitterten Hass jedes mal dann gegen mich gerichtet. Sie hat jede Möglichkeit genutzt die von den Mücken verursachten Spannungen an mir auszulassen. Ich war das Ventil, eine Rolle, die nicht besonders viel Spaß macht. Aber verübeln kann ich ihr es nicht. Ich weiß genau, wie es sich anfühlt.
Die Angina kam so ziemlich genau zur richtigen Zeit. Wir haben nur zwei Tage Arbeit verloren. Auch den Jeep konnten wir direkt in Zama City wieder verkaufen und waren bereit den nächsten Monat zu bestreiten. Freddy, unser Hauptkäufer hat uns eine Mitfahrgelegenheit nach Dawson Creek gegeben, von wo aus wir nach Prince George trampten, von wo aus wir den Greyhound-Bus nach Vancouver nahmen. Zwei Tage später sind wir angekommen und fielen totmüde in einem sauschäbigen Bett in einem sauschäbigen Hostel in Downtown Vancouver ins Koma.
Die nächsten Tage verbachten wir mit Überfordertsein von zu vielen Menschen nach einem Monat Busch. Außerdem aßen wir viel zu viel Pizza und brachten endlich das Geld zur Bank. Dann gings rein in den Flieger und ab nach Frankfurt.

Die ersten vier Wochen bestanden so ziemlich aus Festen, Feiern und Parties in ganz Deutschland verstreut. Es war großartig all meine geliebten Familienmitglieder und Freunde nach einem Jahr wieder zu sehen. Gott sei Dank hat sich nicht viel an unseren Beziehungen geändert. Einige brauchten ein wenig Auffrischung, doch dann war wieder alles beim Alten.

Recht spontan buchten Becky und ich eine zweiwöchige Flitterwochenreise nach Kreta. So richtig hatten wir das nämlich nie. Unser Domozil war ein kleines Appartement in Matala, wo in den 70ern eine internationale Hippie-Gemeinschaft in den Höhlen der umliegenden Klippen gewohnt hat und das südeuropäische Paradies genoss. Das war so ziemlich das, was auch wir taten. Mit einem ausgeliehenen Moped klapperten wir alle Strände der Umgebung ab und verwöhnten uns täglich in griechischen Tavernas. Sehr viel mehr ist bei dem Trip nicht erwähnenswert.

Nach zwei weiteren Wochen in Deutschland gings es für uns wieder auf eine verlangsamte Rückreise in die USA. Wir hatten einen fünftägigen Zwischenstopp in Island. Das von uns gebuchte Auto wartete abfahrbereit am Flughafen. Wir waren zurück im Winter. Es war nur knapp über null Grad, ungemein windig und regnete ohne Pause. Wir fuhren nur eine knappe Stunde, gerade so weit bis wir einen geeigneten Schlafplatz an einer Straßenbuchte fanden. Als wir aufwachten, bekamen wir einen ersten Eindruck von Island: echt cool! Leider war das Wetter immer noch so miserabel, weswegen die Sicht stark eingeschränkt war.
Nach zwei weiteren Stunden Fahrt, bildete sich dann aber ein Bild. Und dieses Bild war unglaublich. Viele scharze Lavaberge mit teilweise gigantischen Gletschern, monströse Wasserfälle und Strände bestehend aus schwarzem Sand, die teilweise 10km breit und noch viel länger waren.
Der Höhepunkt war eine kurze Wanderung in die Berge.
Der schmale Pfad folgte einem kleinen Fluss. Der Regen setzte ein und es wurde kälter. Der Pfad wurde zu einer Schlammbahn. Im Allgemeinen wurde es uns immer ungemütlicher. Doch nach zwei Stunden waren wir am Ziel. In einem Bergtal lagen links und rechts direkt neben dem Fluss unzählige Geysire verstreut und sprudelten ihr kochendes Wasser in den Fluss hinein. Ich lief noch ein Stück weiter bergauf, bis zu der Stelle, wo der Fluss aus einem engen steilen Canyon als eiskalter Wasserfall vor meine Füße donnerte. Doch nur 200m weiter unten, wo Becky und die Geysire waren, verwandelte sich der Fluss in einen warmen Whirlpool. Wir suchten uns eine tiefere Stelle, rupften uns die Klamotten vom Leibe und weichten unsere durchgefrorenen Glieder im heißen Wasser wieder auf. Dieses Ritual wiederholten wir jeden Tag auf Island. Mal nach einem Spaziergang auf dem Gletscher, mal nach einem Spaziergang zu den größten Wasserfällen, die ich je gesehen habe. Nur jedes Mal war es eine andere heiße Quelle, in die wir uns versengten.

Nach all diesen großartigen Erlebnissen landeten wir nach drei Monaten wieder in New York, wo wir von Beckys Eltern abgeholt wurden. Am nächsten Tag stellte ich fest, dass ich leider meine Kamera im Flugzeug liegenlassen habe, wo dümmlicherweise fast alle Bilder von der Europatour drauf waren, ohne dass ich sie zwischengespeichert habe. Ziemlich dumm was?! Besonders wenn man bedenkt, dass ich auch meinen Laptop die ganze Zeit dabei hatte.

Zwei Tage nach unserer Ankunft, kamen auch meine Mutter und Wolfram in New York an, um ihre erste Reise in Nordamerika zu haben und uns kurz zu besuchen. Alle zusammen fuhren wir endlich zurück nach New Hampshire zu unserer Yurte.
Wir kamen gerade rechtzeitig kurz vor der absoluten Dunkelheit an, um noch genug Licht zu haben das ganze Ausmaß der Scheiße zu sehen. Ich stubste die Tür zur Yurte auf und prallte gegen eine Wand aus feucht-warmer Luft, komplett gesättigt mit Pilz-und Schimmelsporen. Es war einfach nur eklig. Der halbe Boden war mit Mycelsträngen und Pilzen übersäat und jede Oberfläche war mit grünem Staub (Sporen) bedeckt.
Das Problem war, dass sich aus irgendeinem Grund die Schnüre, die die Dachplane straff nach unten spannen, locker waren, wodurch sich Regenwasser am Rande sammelte, die Plane aussackte und es dann schließlich ins Innere der Yurte reinlief. Den Rest kann man sich denken.
Das war natürlich erst mal ein riesiger Schlag ins Gesicht und dementsprechend deprimiert waren Becky und ich anfangs. Glücklicherweise haben Jane und Jason uns vier für die drei Tage, die meine Eltern da waren, Unterschlupf gewährt, sodass wir wenisgtens den kurzen Besuch genießen konnten. Danach gings ran an die Arbeit. Wir räumten die Yurte komplett aus, warfen zwei Drittel unserer Habseeligkeiten weg und putzen was das Zeug hält. Nach 10 Tagen wohnten wir wieder drin und alles war schön. Nur eben eine ganze Ecke abgespeckt im Vergleich zum Wintersetup.

Die nächsten Wochen verbrachten wir mit Warten. Wir hatten ein Grundstück im Auge, dass wir kaufen wollten. Alles was damit zutun hatte zwang uns zum Warten. Wir erkundigten uns über alles, worüber man sich erkundigen kann. Und dann entschieden wir uns es einfach zu tun. Das Gefühl war das richtige. Wir machten ein Angebot. Das ging dann eine Ewigkeit hin und her bis wir uns mit den Verkäufern auf einen Preis geeinigt haben.
Auch warteten wir auf Calvin, meinen Exboss aus Kanada. Er hat uns angeboten für ihn in den USA zu arbeiten. Cal hat sein Business nach Oklahoma expandiert, sowie dort drei Häuser gekauft, die renoviert werden müssen. Das sollten wir übernehmen. Eigentlich wollte Calvin uns schon Ende September haben, doch es wurde immer weiter nach hinten verschoben, weil er Probleme mit seinem Arbeitsvisum hatte.

Mittlerweile sind wir schon in Oklahoma. Das Yurtenleben hat offiziell ein Ende gefunden. Wir haben die Yurte an ein super nettes, junges Päarchen aus Vermont verkauft. Keine Bange, die beiden wussten genau, worauf sie sich einließen. Wir haben uns also mit gutem Gewissen von unserem ersten „Haus“ getrennt. Die Yurte passt einfach nicht in unsere Zukunft. Noch einen Winter wollte ich nicht darin durchleben, so schön es auch war. Für die nächsten sechs Monate wohnen wir in einem Haus, hier in Alva Oklahoma. Und wenn wir im Mai wieder zurück an die Ostküste kommen, werden wir Landbesitzer sein und eine Hütte bauen. Jaaaaa, es ist offiziell. Am Freitag, den 15. November 2013 findet die Titelübergabe statt. Leider können wir nicht selbst vor Ort sein, doch unser Anwalt übernimmt das. Der Weg dorthin war lang und recht unbequem, aber die Anstrengungen haben sich gelohnt.

Aus dem Yurtenblog wird dann vielleicht ein Hausbaublog. Klingt vielleicht etwas langweilig, wird’s aber bestimmt nicht. Denn wir bauen kein Stein-auf-Stein-Haus, mit Baufirma usw. Nein, wir bauen ein Strohballenhaus und zwar selbst und mit Hilfe von Freunden und Familie (hoffentlich). Alles wird sehr sehr unkonventionell. So unkonventionell, wie es die Gesetze in Vermont (dort ist das Land) zulassen. Und Goot sei Dank gibt es in Vermont (fast) keine Gesetze bezüglich Haus bauen. Wer jetzt denkt „Schwachsinn!“, der liest doch am besten dann alles auf dem neuen Blog. Da werde ich hoffentlich alles erklären.

Beste Grüße

Felix