Mittwoch, 13. November 2013

Das Ende


Lange war es her. Sechs Montae kam nichts, doch nun gibt es wieder was zu erzählen.

Der Frühlich ist also auch in unserer Yurte aufgetaucht, damals im April. Das Leben wurde einfach und bequem. Der Holzhackhorror hörte auf und wir genossen einfach nur die Wärme, die sich nach dem langen Winter wieder breit machte.
Im Mai bekamen wir den ersten deutschen Besuch. Mein Vater und Sabine begaben sich auf den weiten Weg nach New Hampshire, um sich die Yurte anzusehen, auf eine kleine Rundreise durch Neuengland mit uns zu fahren und an unserer stark verspäteten Hochzeitsfeier teilzunehmen, die noch ausstand.

Wir riegelten die Yurte so gut es ging ab, um auf unseren drei monatigen Sommertrip zu gehen. Alles wurde gut verstaut und so weit es ging maussicher gemacht. Wir hatten ein gutes Gefühl unser Heim für eine Weile zurück zu lassen. Die Vorbereitungen sollten ja gut genug gewesen sein.

Nach der recht großen Party bei Beckys Eltern packten wir unsere Rucksäcke, wieder einmal, und wurden von Noah nach Hartford zum Flughafen gefahren. Für 18.30 Uhr war der Flug geplant. Eine halbe Stunde davor gab es allerdings eine interessante Ansage: „Delta Airlines sucht fünf Freiwillige, die den nächsten Flug, in 12 Stunden, nach Calgary nehmen, da das Flugzeug überbucht ist. Als Entschädigung erhält jede Person einen 400$ Gutschein.“
Na das ist ja großartig, unsere Tickets haben zusammen nur die Hälfte gekostet und einen Tag früher oder später ankommen ist irgendwie auch egal. Logischerweise waren wir die ersten am Tresen, die sich meldeten. Also wurden wir in ein Hotel kutschiert, dort einquartiert und am nächsten Morgen wieder zum Flughafen gefahren. Diesmal nahmen wir den Flieger. Bei einem Zwischenstop in Minneapolis kam die gleiche Ansage dann nochmal. Hmmmm, sollten wir noch ein Bisschen mehr Sahne abschöpfen? Nee, einmal Aufschiebung für unser Privattaxi in Calgary war genug. Nochmal wollte ich Calvin nicht anrufen und den Termin Abholtermin verlegen.

Die Einreise nach Kanada war natürlich wieder mal etwas brisant. Wir waren logischerweise eine der wenigen, die einer Spezialbehandlung der Einreisebehörden unterzogen wurden. Doch den Schmarrn bin ich mittlerweile gewöhnt und nach ein paar Witzchen hier und dort, um den Stock im Arsch des Beamten etwas zu lockern und den nötigen Erklärungen, um den Heimatschutzinstinkt des Beamten zu befriedigen, waren wir wieder freie Menschen des Planeten Erde und begrüßten Calvin am Terminal, der mit seinem Pickup auf uns wartete.

Es wurde ein Jeep Cherokee, perfekt für unsere Zwecke: Allrad, Geländetauglich, alt und billig, um kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn wir das Auto etwas zu sehr verprügeln würden. Nach fünf Tagen Besuch bei Calvins Familie und endlosen Stunden Internetsuche kaufetn wir schließlich das Auto nahe Calgary, meldeten es an, kauften Versicherung und fuhren Richtung Norden. Es gab drei große Feuer im letzten Jahr im Norden Kanadas, die recht vielversprechend für die diesjährigen Morcheln waren. Ich rief alte Kontakte an, an die ich in den letzten Jahren verkauft habe und so wurden wir in ein Feuer in Nordalberta gelockt, wo wohl schon die ersten Baby-Morcheln sprossen. Die Fahrt dauerte zwei Tage, doch dann wurden wir endlich mit einem perfekten Waldbrand links und rechts neben dem Highway belohnt. Allein beim Durchfahren ließ sich schon erahnen, wie gut die diesjährige Ernte sein würde.
Zehn Tage später war das Feuer abgemäht. Es waren mittlerweile viel zu viele Sammler unterwegs und unsere Erträge brachen langsam ein. So zogen wir weiter nach Zama City, einer 150-Seelen Oiltown mitten im Arsch der Welt. Und damit meine ich wirklich im absoluten Nichts. Zama wurde letztes Jahr von einem ungeheurem Waldbrand heimgesucht mit Ausmaßen von ca. 50km mal 150km. Es war riesig, nur leider auch komplett durchgeschmort. Nicht die besten Voraussetzungen für Morcheln, doch auch dort fanden wir genug Raum, um ordentlich unsere Eimer zu füllen. Gegen Ende hatten wir Probleme die abendlichen Geldscheine in die Gürteltasche zu zwängen. Da unsere nächste Bank ca. 10h Autofahrt weg war, sparten wir alles an und trennten uns nicht mehr von dem Ding. Wir schliefen mit der Gürteltasche, sammelten mit der Gürteltasche und wenn wir uns nach einem langen Arbeitstag bei der abendlichen Waschung die Asche vom Körper spülten, blieb die Gürteltasche immer im Sicht. Das war schon recht stressig aber anders gings halt nicht.

Nach 22 Tagen sammeln wurden wir so richtig krank, mit der heftisgten Angina, an die ich mich erinnern kann. Es war wahrscheinlich einfach zu viel für unsere Körper: jeden Tag teilweise bis 12h durch widrigstes Gelände kriechen und schwere Eimer voll mit Pilzen schleppen, während trilliarden von Mücken nicht abreißende Angriffswellen starteten – das fordert einen massiven Zoll! Und dieses Jahr waren die Mücken schlimmer als je zuvor. Becky war einige Male nah dran ihren Verstand zu verlieren. Bedauerlicherweise hat sie ihren erbitterten Hass jedes mal dann gegen mich gerichtet. Sie hat jede Möglichkeit genutzt die von den Mücken verursachten Spannungen an mir auszulassen. Ich war das Ventil, eine Rolle, die nicht besonders viel Spaß macht. Aber verübeln kann ich ihr es nicht. Ich weiß genau, wie es sich anfühlt.
Die Angina kam so ziemlich genau zur richtigen Zeit. Wir haben nur zwei Tage Arbeit verloren. Auch den Jeep konnten wir direkt in Zama City wieder verkaufen und waren bereit den nächsten Monat zu bestreiten. Freddy, unser Hauptkäufer hat uns eine Mitfahrgelegenheit nach Dawson Creek gegeben, von wo aus wir nach Prince George trampten, von wo aus wir den Greyhound-Bus nach Vancouver nahmen. Zwei Tage später sind wir angekommen und fielen totmüde in einem sauschäbigen Bett in einem sauschäbigen Hostel in Downtown Vancouver ins Koma.
Die nächsten Tage verbachten wir mit Überfordertsein von zu vielen Menschen nach einem Monat Busch. Außerdem aßen wir viel zu viel Pizza und brachten endlich das Geld zur Bank. Dann gings rein in den Flieger und ab nach Frankfurt.

Die ersten vier Wochen bestanden so ziemlich aus Festen, Feiern und Parties in ganz Deutschland verstreut. Es war großartig all meine geliebten Familienmitglieder und Freunde nach einem Jahr wieder zu sehen. Gott sei Dank hat sich nicht viel an unseren Beziehungen geändert. Einige brauchten ein wenig Auffrischung, doch dann war wieder alles beim Alten.

Recht spontan buchten Becky und ich eine zweiwöchige Flitterwochenreise nach Kreta. So richtig hatten wir das nämlich nie. Unser Domozil war ein kleines Appartement in Matala, wo in den 70ern eine internationale Hippie-Gemeinschaft in den Höhlen der umliegenden Klippen gewohnt hat und das südeuropäische Paradies genoss. Das war so ziemlich das, was auch wir taten. Mit einem ausgeliehenen Moped klapperten wir alle Strände der Umgebung ab und verwöhnten uns täglich in griechischen Tavernas. Sehr viel mehr ist bei dem Trip nicht erwähnenswert.

Nach zwei weiteren Wochen in Deutschland gings es für uns wieder auf eine verlangsamte Rückreise in die USA. Wir hatten einen fünftägigen Zwischenstopp in Island. Das von uns gebuchte Auto wartete abfahrbereit am Flughafen. Wir waren zurück im Winter. Es war nur knapp über null Grad, ungemein windig und regnete ohne Pause. Wir fuhren nur eine knappe Stunde, gerade so weit bis wir einen geeigneten Schlafplatz an einer Straßenbuchte fanden. Als wir aufwachten, bekamen wir einen ersten Eindruck von Island: echt cool! Leider war das Wetter immer noch so miserabel, weswegen die Sicht stark eingeschränkt war.
Nach zwei weiteren Stunden Fahrt, bildete sich dann aber ein Bild. Und dieses Bild war unglaublich. Viele scharze Lavaberge mit teilweise gigantischen Gletschern, monströse Wasserfälle und Strände bestehend aus schwarzem Sand, die teilweise 10km breit und noch viel länger waren.
Der Höhepunkt war eine kurze Wanderung in die Berge.
Der schmale Pfad folgte einem kleinen Fluss. Der Regen setzte ein und es wurde kälter. Der Pfad wurde zu einer Schlammbahn. Im Allgemeinen wurde es uns immer ungemütlicher. Doch nach zwei Stunden waren wir am Ziel. In einem Bergtal lagen links und rechts direkt neben dem Fluss unzählige Geysire verstreut und sprudelten ihr kochendes Wasser in den Fluss hinein. Ich lief noch ein Stück weiter bergauf, bis zu der Stelle, wo der Fluss aus einem engen steilen Canyon als eiskalter Wasserfall vor meine Füße donnerte. Doch nur 200m weiter unten, wo Becky und die Geysire waren, verwandelte sich der Fluss in einen warmen Whirlpool. Wir suchten uns eine tiefere Stelle, rupften uns die Klamotten vom Leibe und weichten unsere durchgefrorenen Glieder im heißen Wasser wieder auf. Dieses Ritual wiederholten wir jeden Tag auf Island. Mal nach einem Spaziergang auf dem Gletscher, mal nach einem Spaziergang zu den größten Wasserfällen, die ich je gesehen habe. Nur jedes Mal war es eine andere heiße Quelle, in die wir uns versengten.

Nach all diesen großartigen Erlebnissen landeten wir nach drei Monaten wieder in New York, wo wir von Beckys Eltern abgeholt wurden. Am nächsten Tag stellte ich fest, dass ich leider meine Kamera im Flugzeug liegenlassen habe, wo dümmlicherweise fast alle Bilder von der Europatour drauf waren, ohne dass ich sie zwischengespeichert habe. Ziemlich dumm was?! Besonders wenn man bedenkt, dass ich auch meinen Laptop die ganze Zeit dabei hatte.

Zwei Tage nach unserer Ankunft, kamen auch meine Mutter und Wolfram in New York an, um ihre erste Reise in Nordamerika zu haben und uns kurz zu besuchen. Alle zusammen fuhren wir endlich zurück nach New Hampshire zu unserer Yurte.
Wir kamen gerade rechtzeitig kurz vor der absoluten Dunkelheit an, um noch genug Licht zu haben das ganze Ausmaß der Scheiße zu sehen. Ich stubste die Tür zur Yurte auf und prallte gegen eine Wand aus feucht-warmer Luft, komplett gesättigt mit Pilz-und Schimmelsporen. Es war einfach nur eklig. Der halbe Boden war mit Mycelsträngen und Pilzen übersäat und jede Oberfläche war mit grünem Staub (Sporen) bedeckt.
Das Problem war, dass sich aus irgendeinem Grund die Schnüre, die die Dachplane straff nach unten spannen, locker waren, wodurch sich Regenwasser am Rande sammelte, die Plane aussackte und es dann schließlich ins Innere der Yurte reinlief. Den Rest kann man sich denken.
Das war natürlich erst mal ein riesiger Schlag ins Gesicht und dementsprechend deprimiert waren Becky und ich anfangs. Glücklicherweise haben Jane und Jason uns vier für die drei Tage, die meine Eltern da waren, Unterschlupf gewährt, sodass wir wenisgtens den kurzen Besuch genießen konnten. Danach gings ran an die Arbeit. Wir räumten die Yurte komplett aus, warfen zwei Drittel unserer Habseeligkeiten weg und putzen was das Zeug hält. Nach 10 Tagen wohnten wir wieder drin und alles war schön. Nur eben eine ganze Ecke abgespeckt im Vergleich zum Wintersetup.

Die nächsten Wochen verbrachten wir mit Warten. Wir hatten ein Grundstück im Auge, dass wir kaufen wollten. Alles was damit zutun hatte zwang uns zum Warten. Wir erkundigten uns über alles, worüber man sich erkundigen kann. Und dann entschieden wir uns es einfach zu tun. Das Gefühl war das richtige. Wir machten ein Angebot. Das ging dann eine Ewigkeit hin und her bis wir uns mit den Verkäufern auf einen Preis geeinigt haben.
Auch warteten wir auf Calvin, meinen Exboss aus Kanada. Er hat uns angeboten für ihn in den USA zu arbeiten. Cal hat sein Business nach Oklahoma expandiert, sowie dort drei Häuser gekauft, die renoviert werden müssen. Das sollten wir übernehmen. Eigentlich wollte Calvin uns schon Ende September haben, doch es wurde immer weiter nach hinten verschoben, weil er Probleme mit seinem Arbeitsvisum hatte.

Mittlerweile sind wir schon in Oklahoma. Das Yurtenleben hat offiziell ein Ende gefunden. Wir haben die Yurte an ein super nettes, junges Päarchen aus Vermont verkauft. Keine Bange, die beiden wussten genau, worauf sie sich einließen. Wir haben uns also mit gutem Gewissen von unserem ersten „Haus“ getrennt. Die Yurte passt einfach nicht in unsere Zukunft. Noch einen Winter wollte ich nicht darin durchleben, so schön es auch war. Für die nächsten sechs Monate wohnen wir in einem Haus, hier in Alva Oklahoma. Und wenn wir im Mai wieder zurück an die Ostküste kommen, werden wir Landbesitzer sein und eine Hütte bauen. Jaaaaa, es ist offiziell. Am Freitag, den 15. November 2013 findet die Titelübergabe statt. Leider können wir nicht selbst vor Ort sein, doch unser Anwalt übernimmt das. Der Weg dorthin war lang und recht unbequem, aber die Anstrengungen haben sich gelohnt.

Aus dem Yurtenblog wird dann vielleicht ein Hausbaublog. Klingt vielleicht etwas langweilig, wird’s aber bestimmt nicht. Denn wir bauen kein Stein-auf-Stein-Haus, mit Baufirma usw. Nein, wir bauen ein Strohballenhaus und zwar selbst und mit Hilfe von Freunden und Familie (hoffentlich). Alles wird sehr sehr unkonventionell. So unkonventionell, wie es die Gesetze in Vermont (dort ist das Land) zulassen. Und Goot sei Dank gibt es in Vermont (fast) keine Gesetze bezüglich Haus bauen. Wer jetzt denkt „Schwachsinn!“, der liest doch am besten dann alles auf dem neuen Blog. Da werde ich hoffentlich alles erklären.

Beste Grüße

Felix

Dienstag, 16. April 2013

Alltagsleben 4 in der Yurte - Frühlingseinzug


Letzter Dienstag war ein trauriger Tag. Wir werden wohl noch eine kleine Weile brauchen, um uns von diesem Schock zu erholen. Nova, unsere weibliche Katze wurde höchst wahrscheinlich von einer hungrigen Waldkreatur gefressen. Ich wachte auf und Leo lag auf dem Bett zu meinen Füßen. Ich startete meinen Tag wie gewohnt, doch nach einer halben Stunde merkte ich, dass nur eine Katze permanent um mich herum huschte, was sehr ungewöhnlich war. Als nach Rufen und in allen Ecken Nachsehen noch immer keine Spur von ihr zu finden war, war die Sache für mich schon so gut wie sicher. Sie muss einfach weggeschnappt worden sein. Die Katzen entfernen sich nie weiter von der Yurte als vielleicht 20m und bleiben jeweils für nur ein paar Minuten draußen. Besonders Nova war super schreckhaft und nicht gerade die Abenteuerlustigste. Durch die von mir gebaute Katzentür haben sie freien Ausgang, den sie auch nutzen. Zwanzig mal am Tag wird da rein und raus gerannt und Spielchen unter der Yurte gespielt. Nova muss in der Nacht raus gegangen sein, um ihre Katzenbedürfnisse zu erfüllen und kehrte nie zurück. Kein Zeichen von ihr, nicht mal Blut. Es hat auch mitten in der Nacht einen sehr komischen Regenfall gegeben, der jegliche eventuelle Kampfspuren weggespült hätte. Urplötzlich fing es wie auf Knopfdruck an zu regnen und zwar so stark, wie nie zurvor. Es wurde unheimlich laut in der Yurte und 10min später hörte es genauso schlagartig wieder auf und das wars. Als ob der Himmel Novas Blut von der Erde hinfort spülen wollte.

Nach dem Frühstück begab ich mich auf die Suche. Humpelnd suchte ich am Sumpf entlang, wohin ich mich persönlich als Angreufer geflüchtet hätte. Doch ich fand nichts und als mein Fußgelenkt zu schmerzen begann humplete ich die 300m zurück. Leo folgte mir und miaute die ganze Zeit nach seiner Schwester suchend.
Im Verdacht stehen: Berglöwe, Coyote, Dachs, Adler und Eule – allesamt Kandidaten, von denen wir wissen, dass sie das Land mit uns teilen.

Als Becky nach Hause kam und ich ihr die schlechte Nachricht mitteilte, kamen uns beiden die Tränen. Sie ging dann noch mal in die andere Richtung los, wieder Leo folgend und miauend und kam nach 20min erfolglos zurück. Das wars. Sieben Monate war sie bei uns und jetzt ist Leo allein und trauert. Und wir auch.
So ist das in einer heilen Welt mit relativ intaktem Ökosystem: Dinge fressen und werden gefressen. Rational ist das alles gut und schön, doch wenn auf einmal ein Familienmitglied verspeißt wird, dann wirkt die romantisierte Natur und deren Mechanismen plötzlich wie ein grauenhaftes Konzept.

Eine Heiterkeit ist, dass der Winter nun endlich vorbei zu sein scheint. Die letzten 10 Tage oder so waren es am Tag immer über 10 Grad und sonnig. Letzte Woche kletterte die Temperatur mal auf über 20 Grad. Ich lag schwitzend in der Sonne neben der Yurte und weihte dann ganz spontan mal die Badesaison mit einer schnellen Waschung im Bach ein. Und wie schnell die Waschung war – das Wasser war bur knapp über null Grad, da sich der Bach noch hauptsächlich aus Schmelzwasser speiste, das von den letzten Schneefelder aus schattigen Waldfleckchen abfloss. Großartig wars trotzdem und eine adequate Begrüßung zum Frühling.

Mittwoch, 20. März 2013

Alltagsleben 3 in der Yurte

So, mir sind noch ein paar Sache eingefallen, von denen ich berichten wollte.

Nummer eins: Die Sauna.

Wir haben ein Bisschen rumexperimentiert und die Mitte der Yurte in eine Sauna verwandelt. Dazu haben wir um die drei Mittelpfosten Decken und große Kartonpappen gehängt und gestellt und über den Ofen Schichten aus dünnem Metall gelegt, sodass der Ofen im Prinzip ziemlich abgeschottet und nur ein kleiner Sitzraum vor der Ofentür übrig blieb. In diesem befand sich unser niedriger "Wohnzimmer"-Tisch, der als Sitzbank diente und für zwei Personen gemütlich Platz bot.

Der erste Effekt der schon nach wenigen Minuten nach dem Aufbau spürbar wurde, war, dass es insgesamt in der kompletten Yurte schlagartig super warm wurde. Allein die Ummantelung des Ofens muss der Grund dafür sein. Wieso ist mir nicht so richtig klar. Vielleicht wird die Wärme so etwas länger in der Mitte der Yurte gehalten und verpufft nicht sofort nach dem Aufsteigen durchs Dach. Der Unterschied war jedenfalls wie Tag und Nacht und später experimentierten wir mit dem Setup herum, um unsere Heizeffizienz zu verbessern. Das Gaben wir allerdings schnell wieder auf, weil inmitten unseres Wohnraumes dann immer dieser sperrige und hässliche Aufbau von Decken, Karton und Metall im Wege war.

Die Sauna selbst funktionierte erstaunlich gut. Innerhalb der Decken/Karton-Höhle wurden es tatsächlich untere bis mittlere Saunatemperaturen. Natürlich fütterten wir den Ofen bis er fast platzte und gaben ordentlich Sauerstoff hinzu. So wurde ein sonst fröstelnder -20 Grad Wintertag dann zu einem schwitzigen und gemütlichen Ereignis.

Nummer zwei: Die Gefahren des Alltags

Vor ein paar Monaten ist uns was echt dummes passiert. Bei einem meiner Verbesserungsaktionen des Schornsteins habe ich nicht richtig aufgepasst. Der Schornstein hat mich lange Zeit beschäftigt. Wie man auf den Bildern sehen kann, ist das letzte Stück Esse ein isoliertes Ofenrohr, damit uns die Plane nicht davon schmilzt. So bleibt die Temperatur im ungefährlichen Bereich. Das Rohr besteht im Prinzip aus zwei ineinander gesteckten Rohren mit ca. 3cm Platz zwischen ihnen.



Dann sitzt dort oben drauf noch ein kurzes Stück nicht isoliertes Rohr und dort drauf sitzt das cap, eine Art Dach, damit es nicht durch das Rohr ins Innere des Ofens reinregnet. Nun ist aber das Cap etwas zur klein, sodass es zwar nicht direkt in den Ofen regnet aber durch das isolierte fenrohr durch tropft und neben dem Ofen auf unserem Teppich landet. Also bastelte ich aus Metallplatten einen Trichter, der umgedreht auf dem isoliertem Ofenrohr sitzt und sozusagen dessen Dach ist, ohne die Funktionstüchtigkeit des caps zu beeinträchtigen.
Das hat zumindest das Wasserproblem gelöst.

Nach einer Weile stellten wir jedoch fest, dass manchmal Funken die komplette Esse hochwandern und vom cap ausgespuckt werden. Da die Öffnungen des caps logischerweise nach unten zeigen, landen die Funken immer mal wieder auf den Dach und schmelzen kleine Löcher in die Plane. Und das kotzt uns natürlich an! Also bastelte ich noch einen Trichter usw und so fort. Das hat das Funkenproblem gelöst, nun drückte es aber den Rauch durch den 3cm Raum des isolierten Rohres wieder zurück in die Yurte, wenn wir das Feuer gerade erst entzündet haben und die ohre noch nicht heiß sind. Also räucherte es uns jedes Mal wenn wir das Feuer anmachten für 10min lang aus, bis endlich genug Sog in der Esse durch die Hitze entstand. Auch das war ätzend. Schlussendlich kam der zweite Trichter wieder runter weil die Räucherungsaktionen zu inakzeptabel waren.

Bei einem dieser hunderten Male Rumgefummel mit der Esse ist es dann passiiert. Ich habe vergessen die vier Stricke der transparenten Dachplastikplane wieder am Yurtenboden zu befestigen. Diese verhindern, dass die Plane bei starkem Wind hochgeblasen wird und evtl. sogar über das cap klappt und dort liegen bleibt.
Als Jenny, eine Freundin von Becky, für drei Tage zu Besuch war, wachte sie am Morgen auf und sagte: "Hey Leute, es regnet rein!". Es waren sehr windige und regnerische Tage.
Sofort war ich hellwach und auf den Beinen und sah das Maloir. Genau das ist nämlich passiert. Der Wind hat die Plane über das cap geworfen, wo es fröhlich vor sich hin schmolz. Glücklicherweise war loderte kein heißes Feuer mehr im Ofen sondern nur noch ein Bisschen Glut, wodurch sich die Temperatur in Grenzen hielt.

 der braune Fleck am unteren Rand der Plane ist das geschmolzene Stück

Keine 10 Sekunden später saß ich oben auf dem Ring und klappte die Plane zurück. Glücklicherweise war nichts in große Mitleidenschaft gezogen und wir musstenn nichts austauschen.
Ich war gerade wieder herunter geklettert und wollte die Stricke außen am Boden fixieren, als ein neuer Windstoß die Plane wieder über das cap schmiss. Wutentbrannt kletterte ich wieder hoch, behob das Problem und ließ diesmal Becky die Knoten in den Stricken machen, während ich oben saß und wachte.



Wir sind mit ein paar kleinen Löchern davon gekommen, die ich einfach mir Gaffa überkleben konnte. Problem gelöst.

Nummer drei: Die Straße

J&J leben ja ca. 400m von der öffentlichen Straße den Berg hoch. Diese 400m werden auf ihrem privaten Fahrweg erklommen. Gelinde gesagt ist der Weg absoluter Dreck!!! Man macht sich das Auto damit kaputt, jedenfalls definitiv die Reifen und im Winter bleibt man öfters mal stecken.

Becky und ich haben zu Weihnachten von Beckys Eltern neue Reifen bekommen. Doch selbst mit denen Kommen wir nicht immer hoch. Und wenn wir hoch kommen, dann sind die Reifen nach jeder Fahrt immer um eine Schicht Gummi ärmer. Wie oft wir unten parken mussten und mit vollen Einkaufsbeuteln hochlaufen mussten, kann ich gar nicht mehr zählen. Erst gestern sind wir auf halbem Wege stecken geblieben und Jasons Freund Chris musste uns mit seinem Jeep aus dem Schnee wieder rausziehen. Ich stakste dann in frischem Schnee mit meinen Krücken die ca. 500m bis zu unserer Yurte, auf denen man immerhin fast 100 Höhenmeter zurück legt, hinauf und war fix und alle als ich oben ankam. Heute Morgen konnte ich wenigstens mit dem Schlitten runter düsen doch auf eine weitere Krücken-Kletteraktion heute Abend habe ich keinen Bock. Das sind halt die Kehrseiten vom Leben mitten im Wald.

Nun noch ein paar Bilder durcheinander.

Weihnachtsdekoration eines Privathauses in Winchester New Hampshire

Weihnachtsdeko in Milfort, Connecticut


Central Park in New York City


Times Square in NYC



Times Square


Weihnachtsdeko in NYC


Weihnachstvorspeise bei Beckys Eltern

 
Schlossruine in Chesterfield New Hampshire


gefrorener Bach auf J%J's Grundstueck


Eisschollen auf einem kleinen Fluss




Fibi und Emma


Leo in unserem Vorgarten


in Keene, New Hampshire





Plätzchen backen auf unserem Holzofen





Scotland Rd in Winchester, NH - unsere Spazierstrecke


die erste Begegnung


J&Js Hügelgrundstück


die Aussicht vom Hügel hinter unserer Yurte


und wieder mal Wasserprobleme



Naturkunst direkt vor unserer Yurtentür






























Dienstag, 19. März 2013

Alltagsroutine 2 Yurtenleben


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Endlich, nach sehr vielen Jahren des Kinderwunsches entschieden wir uns die Familie zu erweitern. Natürlich war der Kinderwunsch bei uns beiden schon da, als Becky und Ich uns noch lange nicht kannten. Glücklicherweise stimmten wir in der Spezies überein und begingen den Schritt zwei Katzen zu adoptieren. Wir tauften sie Leo und Nova, ein Männchen und ein Weibchen, zwei fast pechschwarze Geschister. 



Wir fanden die beiden in einer Internetannounce von einem Auffang-Tierheim, das Katzen zur Adoptoion freigibt, wenn die staatlichen Heime überlaufen. Wir fuhren nach Winchendon, Massachusetts, um die Mietzies abzuholen. Becky telefonierte schon mit der Lady, die das overflow-shelter von ihrem Haus aus betreibt und warnte mich, dass sie zumindest am telefon total verrück erscheint. Als sie dann die Haustür aufmachte bestätigte sich der Verdacht. Diese alte Frau sah nicht nur absolut schräg aus, sie war auch im Kopf so durchgeknallt, wie man sich eine verrückte Katzenfrau nur vorstellen kann. Lange, krumme, lila angemalte Fingernägel; kleine dünne aber verformte Gestalt mit Buckel; weiße, krauslige aufgebauschte Haare mit lichten Stellen auf dem Oberkopf; schwarze Liedschatte und dunkel-dunkel-roter Lippenstift. Sie sah so aus und verhielt sich wie eine Kopie der Hexe Babajaga aus dem Märchen „Der Schneekönig“. In der Höhle von Haus, in der sie wohnte, sprangen und lagen überall Katzen herum und es stank nach Ammoniak. Überall waren Katzen. Überall schnurrte, miaute und huschte es, in Käfigen und Ecken und sonst überall. Die ganze Sache war einfach nur gruselig. Wir spielten kurz mit den beiden Kätzchen, füllten die Papiere aus und fuhren wieder heim. Und seit dem sind wir zu viert. 
 

Einer der Gründe, warum wir Katzen haben wollten, war das zunehmende Mausproblem. Überall waren Spuren der unerwünschten Mitbewohner zu sehen: kleine Kögel, die permanent aus dem offenen Arsch der Maus heraus zu fallen scheinen, denn sie sind einfach überall. Würden die Mäuse nicht alle zwei Sekunden einen Krümel absetzen, dann wäre die Anwesenheit ja nicht so schlimm. Da sie es aber tun, wird die Sache ziemlich unappetietlich und vor allem unhygienisch. Seit dem Tag jedoch, an dem Leo und Nova im Haus waren, gab es keine Spur mehr von irgendeiner Maus. Mission erfolgreich. Mittlerweile sind uns die beiden unendlich ans Herz gewachsen und auch sie scheinen uns zu lieben. 



Manchmal, wenn ich eines der Kätzchen auf dem Arm habe und es mich anschnurrt und mit den süßen Kulleräuglein anschaut, dann wächst meine Liebe so in den Himmel, dass ich es am liebsten zerdrücken würde. Ist doch komisch oder, dass man ein Tier so gern haben kann, dass man es zerquetschen will. Becky passiert das auch immer wieder. Und wenn ich mir Kinder anschaue, dann weiß ich, dass das wohl eine gängige Reaktion auf niedliche Tiere ist.
Am Anfang gabs noch etwas Probleme. Die Katzen hatten Durchfall und jedes Mal, wenn sie sich entledigen mussten war der Gestank unerträglich. Nach einer Weile fanden wir heraus, dass sie Würmer hatten. Das war klare Sache, nachdem ich mit eigenen Augen einen zwei Zentimeter langen Wurm aus Novas Anus herauswinden sah. Ab dem Tag gans Bettverbot und Medizin. Die erste viel zu teure Kur aus dem Tierladen half nichts und erst mit der chemischen Keule vom Tierarzt ließen sich die Würmer besiegen. 


 
Mittlerweile ist alles gut mit den Katzen. Ihre anfänglichen Berührungsängste sind verflogen, beiden wurden letztens erst zeugungsunfähig gemacht und ihre Persönlichkeit bildet sich immer weiter heraus. Jeden Morgen (ohne Ausnahme), sobald Leo merkt dass wir wach sind, indem wir reden oder uns rumwälzen, hüpft er aufs Bett, stellt sich neben unsere Köpfe, schnurrt uns leise ins Ohr und wartet darauf, dass wir die Decke hoch heben, sodass er herein krabbeln kann, sich zwischen uns an unsere Körper schmiegt und gestreichelt werden will. Nova hingegen legt sich immer auf unseren Schoß sobald wir auf der Couch sitzen und einen Film schauen. 

 

So, genug Katzengeschichten. Was gibt’s sonst noch zum Yurtenleben zu erzählen?
Die Beziehung zwischen J&J und ihrem Sohn Ian hat sich in eine gesunde Nachbarschaft entwickelt. Alle zwei Wochen haben wir zusammen ein schönes Sonntagsfrühstück, mal in ihrem Haus und mal in der Yurte. Bei uns gibt’s dann immer us-amerikanische Pancakes mit Ahornsirup und bei denen Rührei, Bratkartoffeln und Würstchen. 



Das schöne, traditionelle Frühstücksbrot und die ganze Kultur drumrum kann man in den USA vergeblich suchen. Becky findet das aber so toll, dass wir jeden Tag deutsches Frühstück machen.
Midestens einen Abend in der Woche verbringen wir bei einem Glas Wein ein paar Stunden in J&Js Haus und ich muss in letzter Zeit ziemlich oft Ian als Spielkamerad dienen, was normalerweise ganz cool ist, manchmal aber auch nervig sein kann, weil der Junge ernsthaft hyperaktiv ist und ne Menge Aufmerksamkeit braucht. Fast jeden Nachmittag und jedes Wochenende am Morgen kommt Ian herüber gerannt. Wenn er die Brücke erreicht, setzt das Trampeln auf den Brettern ein und er schreit: Hi Becky, hi Felix!“, um sich anzukündigen. 


 
Eines Tages waren wir auf Grundstückssuche.vAls wir zurück kamen und in der Nähe der Brücke parkten und nicht sofort ausstiegen, weil wir noch was besprechen wollten, sah ich plötzlich im Rückspiegel Ian aus dem Haus stürmen und auf das Auto (in Richtung Yurte) zurennen. Er rannte schrustracks direkt am Auto vorbei, ohne uns zu sehen, rannte auf die Brücke, schrie: „Hi Becky, hi Felix“, bekam keine Antwort und rannte zurück. Er rannte genau auf uns zu, wieder ohne uns im Auto sitzend zu sehen. Da sagte ich zu Becky: „Hey, lass uns Ian erschrecken!“. Also rutschten wir tiefer in unsere Sitze und warteten, bis er fast am Auto war. Dann wollte ich die Tür aufreißen und wie ein böses Tier brüllen. Als der Moment kam sagte Becky: „Jetzt, jetzt, er fast vorbei“. Doch ich rutschte zwei mal an der Türklinke ab. Als ich sie endlich zu fassen bekam und die Tür kräftig aufschwang war Ian gerade neben der Motorhaube – mit ordentlich Renngeschwindigkeit für einen Sechsjährigen. Und rumms! Er knallte in die Tür und diese, selbst noch im Schwung, kickte ihn gute zwei Meter durch die Luft und dann rollte er mit zwei drei Purzelbäumen durch den Schnee, bis erletztendlich mit den Beinen in den Himmel staksend auf dem Rücken liegen blieb. Becky und ich brüllten sofort los, allerdings nicht wie böse Tiere, sondern mit Gelächter. Ian schaute ungläubig zu uns auf und fragte nur verwundert: „Warum habt ihr das denn gemacht?“. Wir konnten uns kaum zurück halten und entschuldigten uns kichernd. Wir erklärten ihm, dass wir ihn nur erschrecken wollten und nicht vorhatten ihn durch die Luft zu schleudern und evtl. weh zu tun. Glücklicherweise ist Ian ein robustes kleines Männlein und fand die ganze Geschichte nicht weiter absonderlich. Das war so das Lustigste, was uns in den letzten Monaten passiert ist.

...

Und so verging der Winter. Becky fuhr auf Arbeit, ich fand keinen Job, hatte aber genug in der Yurte zu tun, sodass ein Job vielleicht auch gar nicht sooo gut gewesen wäre. Jeden dritten Tag jagte ich dem Holz hinterher. Die Feuerholzsituation entwickelte sich zum zentralen Thema unseres Lebens. Es war nie genug da. 



Es stand immer ein neuer Schneesturm vor der Tür. Die Ketten der Säge waren schon wieder stumpf. Bla bla bla!!! Es wurde einfach immer nerviger. Wir verbrauchten viiieeeeel mehr Holz, als wir am Anfang dachten. Was will man auch isolationstechnisch erwarten von einem großen Zelt. 

Vor zwei Wochen oder so kam dann eine große schreckliche Feststellung. Diese hat mit Kondenswasser zu tun. Aufgrund des Faktes, dass es in der Yurte ziemlich warm ist (wenn wir zuhause sind) und draußen meistens kalt und beide Luftschichten von einer (geschätzten) halben Millimeter dicken Plastikhaut voneinander getrennt sind, kondensiert of eine Menge Wasser an den Seitenwänden. Und ich meine eine MENGE, wenn die Wetterverhältnisse besonders schlecht sind. 



Besonders schlecht sind sie logischerweise bei hoher Luftfeuchtigkeit, also immer wenn es regnet oder schneit, erstens weil die Luft sowieso schon am Sättigungspunkt ist und zweitens weil der Niederschlag die Planen nochmals weiter abkühlt, als es die Luft schon tut und die Luftfeuchtigkeit innerhalb der Yurte deshalb an den Wänden und am Randbereich der grünen Dachplane kondensiert. Nur die grüne Dachplane deshalb, weil sie (ich denke) aus einem Nylongewebe mit Silikonbeschichtung besteht, dass nicht atmungsaktiv ist. Die braune Dachplane hingegen ist aus einem semipermeablen Stoff gefertigt, der zwar atmungsaktiver ist, dafür aber auch leichter bei Starkregen Wasser durchdrückt. Auf diese Weise ist es mal ganz interessant anzusehen, wie unterschiedlich wirklich sich beide Matrerialien zu bestimmten Situationen verhalten. 



Nun gut, nun aber zurück zum Kondenswasser. Das meiste Wasser kondensiert an den Wänden, da die Hitze des Ofens sie nicht wirklich erreicht. Ich denke das liegt daran, dass alle Wärme einfach sofort nach oben steigt und durch das Dach verfliegt. Außerdem werden große Teile der Wand durch Möbel von einer möglichen Wärmestrahlung des Ofens blockiert, was sie widerum kalt hält. All diese Effekte zusammen sind beträchtlich. Bei sonnigem Wetter oder geringer Luftfeuchtigkeit sind die Wände komplett trocken. Doch sobald sich das ändert laufen die Tropfen nur so die Plane herunter und sammeln sich am Boden. 


Wir haben das Problem viel zu lange ignoriert. Ja, manchmal sind wir mit einem Lappen über die Wände gegangen und haben diesen viele Male in einer Wanne ausgerungen, wobei nach einer kompletten Runde um die Yurte immer so ca. 1 Liter zusammen kommt. Doch einer tiefgründigen Erforschung der Konsequenzen haben wir uns immer irgendwie geweigert. Eines Tages dann habe ich mal den Teppich am Rand hochgehoben und festegestellt, dass die dicken Kartonpappen adrunter völlig nass und teilweise vermodert waren. 



In einer Hauruckaktion haben dann alle schlechten Pappen herausgerissen und die Teppichränder entweder weiter abgeschnitten oder unter Möbel eingeklemmt, sodass sich das Wasser auf dem impregnierten Holzboden sammeln kann, bis wir es periodisch immer mal aufsaugen. Das funktioniert nun recht gut und wir hoffen so nun über die letzten Ausschweifer des Winter zu kommen. 

Der Winter, dieser Winter ist jetzt gerade noch mal so richtig eingeschlagen. Letzte Woche war es schon richtig warm. Unser Holzverbrauch hat sich am Tag auf ein Minimum beschränkt doch seit gestern Abend zog wieder ein Sturm herein, der mittlerweile wieder mindestens 20cm Schnee runter geschmissen hat. Hinzu kommen noch ein paar unglückliche Umstände, die uns daher das Leben gerade recht schwer machen. Vor drei Tagen habe ich mit Ian gespielt. Er hat sein Mikroskop rüber geholt und wir wollten uns Eiskristalle anschauen. Ich kam gerade mit einem schönen Stück Eis in meiner Pinzette vom Bach zurück, als ich auf dem vereisten Pfad ausrutschte und mir auf ganz komische Weise das rechte Bein verdrehte. Noch im Fall hörte ich es dann im unteren Wadenbein knacken und landete auf dem Hintern. In einem Bruchteil von einer Sekunde schossen mir zig Dinge durch den Kopf. Das Knacken: mein gebrochenes Bein; Morcheln sammeln in Kanada als meine Haupteinnahmequelle dieses Jahr: gestrichen; Krankenhauskosten: potentiell 2500 Dollar, bis unsere Eigenbeteiligungsgrenze erreicht ist; Hausmann sein, Holz schneiden und hacken: unmöglich für viele Wochen; Holzvorräte: nicht mehr als vier Tage; ... Scheeeeeeiiiiiiiiiiißßßßßeeeeeeeeeeeeeeeeeeeeee!!!!!!!
Ich schrie sofort wie am Spieß. Der Schmerz war einfach zu intensiv und bekannt von meinen paar Knochenbrüchen von zuvor und die Panik vor den oben genannten Dingen ließen mich bestimmt eine Minute lang durchbrüllen. Ian glotze mich sprachlos mit großen Augen an und Becky war gerade am Telefon mit ihrer Mutter, welche die Schreie hörte und Sie fragte, was denn das für ein Tier sei, das da rumkreischte. Sie anwortete nur, dass sie gehen müsse und legte auf.
Schockiert kam sie raus gerannt und fragte was los sei. Ich widerholte nur immer wieder, dass mein Bein gebrochen sei. Es fühlte sich jedenfalls gebrochen an und als wir das Hosenbein hochzogen sahen wir auch schon die Schwellung und einen Erguss einsetzen. Becky steckte mir sofort eine Ibuprofen in den Mund und rannte los, um Jane und Jason zu holen. Ich ließ sie wissen, dass ich kurz davor stand ohnmächtig zu werden und dass sie ja aufpassen sollen mein Bein nicht zu sehr zu bewegen, da ich mich immer an die Geschichte meiner Tante erinnere, die sich beim Inlineskate fahren das Fußgelenkt gebrochen hat und dann beim Hüpfen auf dem gesunden Bein durch das Rumschlenkern erst noch so richtig schwere Weichgewebsverletzungen zugezogen hat. 
Alles wurde heller und heller, bis ich fast nichts mehr sah und Geräusche verschwommen zu einem immer leiser werdenden Rauschen. Und dann wurde mir urplötzlich unheimlich schlecht und ich begann zu würgen. Fünf Minuten später lag ich im Kofferaum vom Subaru und wir düsten zum Krankenhaus nach Keene. Ich verspreiste noch eine Ibuprofen und konnte es nicht glauben als innerhalb der ersten paar Minuten im Auto die Schwellung so gut wie komplett verschwunden und von dem Erguss nichts mehr zu sehen war. Auch von dem Schmerz war nicht mehr allzu viel zu spüren, sofern ich mein Bein keinen Millimeter bewegte. 
In der Notfallaufnahme angekommen, wurde ich per Rollstuhl in ein Bett befördert und nach 20 Minuten in den Röntgenraum gefahren. 10 Minuten später lag ich wieder im Bett und kurz darauf kam die Ärztin mit der Diagnose: "So wie es aussieht ist alles in Ordnung. Ich kann keinen Bruch oder andere Schäden feststellen. Was höchst wahrscheinlich passiert ist, ist dass du dir dein Fußgelenkt stark verstaucht hast."

Das war ein Befreiungsschlag. Fast alle Pläne lagen wieder im Bereich des Möglichen. Nun war aber immer noch das Problem, dass ich keine Holzarbeiten mehr verrichten könnte und zu allem Unheil der kurze Frühlich bald wieder vorbei sein würde, denn der nächste Wintersturm stand bevor. Alle Arbeit entfiel nun auf Becky und das fühlte sich nicht gut an. Nicht nur dass sie die alleinige Geldverdienerin im Moment ist, nein, sie muss sich auch noch um mich kümmern und die Yurte am Laufen halten. Gestern ist sie nach einer kleinen Lehrstunde mit der Motorsäge losgezogen und hat uns noch mal für vier weitere Tage Holz beschafft, außerdem ein super leckeres Essen gekocht und trotzdem nicht den Frohsinn verloren. Selbst als vor zwei Tagen dann auch noch unser Wasserschlauch wieder mal eingefroren ist und Becky per Hand mit einem Topf unseren blauen Wasserkanister füllen musste, um sich später selbst eine Dusche zu geben, war die Welt noch heile.

All das zeigt, wie anders unser Leben in einer Yurte vom Mainstream-Leben der meisten Menschen ist. Es gibt andere Risiken und Aufgaben aber auch andere Freuden. Das Experiment geht weiter, doch habe ich mir schon eine vorsichtige Meinung gebildet: Leben in einer Yurte - immer wieder!!! Allerdings nicht über den Winter in diesen Breiten. Dafür steckt einfach zu viel Arbeit drin. In einer anderen Yurte vielleicht. Eine Yurte die besser designed ist, also mit normaler Türhöhe, adequater Isolierung und bei der das Kondesnwasserproblem gelöst ist. Wie die Mongolen das zum Beispiel erreicht haben, würde ich gerne wissen. Ansonsten ist es aber wundervoll in einer Yurte zu leben. Es fühlt sich an wie super Luxuscamping mit allem, was man sich in einem Treckingzelt erträumen kann. Wir können den Frühling kaum noch erwarten und sind uns sicher, dass alles so viel mehr leichter und schöner wird. Auch haben wir viele andere Dinge über das menschliche Leben gelernt. Die paar hunderttausend Jahre menschlicher Existenz waren wahrscheinlich noch viel härter, als Homosapiens erst einmal alles Großwild auf der Erde überjagd hat und sesshaft wurde (werden musste). Da gab es keinen Holzofen, kein Plastik, dass einen von Regen und Schnee schützt, kein weiches Bett mit Daunendecken, elektrisches Licht und Propankocher und und und. Man vergisst schnell, wie wertvoll es ist den Heizungshahn aufzudrehen, die Klospülung zu betätigen und im Supermarkt ein fertig "gejagtes" und verarbeitetes Festmahl zu kaufen. Alles wird so selbst verständlich und man weiß nicht mehr, wo all das herkommt, was man verbraucht und benutzt. Selbstverständlich ist hier allerdings gar nichts. Die ersten 99,irgendwas Prozent der Menschheitsgeschichte lebten die Menschen mit einem Standart wie wir in unserer Yurte geteilt durch 20 oder so. Die wilde Fahrt, die die Menschen vor kurzer Zeit begonnen haben ist nicht die Norm, zoomt man ein paar Ebenen in der Betrachtungsweise heraus. 

Es ist spannend wenigstens mal einen kleinen Einblick zu bekommen, wie es auch anders sein könnte. Und es gibt keine Garantie, dass alles bleibt wie es ist. Immer in Bewegung bleiben!