Lange
war es her. Sechs Montae kam nichts, doch nun gibt es wieder was zu
erzählen.
Der
Frühlich ist also auch in unserer Yurte aufgetaucht, damals im
April. Das Leben wurde einfach und bequem. Der Holzhackhorror hörte
auf und wir genossen einfach nur die Wärme, die sich nach dem langen
Winter wieder breit machte.
Im
Mai bekamen wir den ersten deutschen Besuch. Mein Vater und Sabine
begaben sich auf den weiten Weg nach New Hampshire, um sich die Yurte
anzusehen, auf eine kleine Rundreise durch Neuengland mit uns zu
fahren und an unserer stark verspäteten Hochzeitsfeier teilzunehmen,
die noch ausstand.
Wir
riegelten die Yurte so gut es ging ab, um auf unseren drei monatigen
Sommertrip zu gehen. Alles wurde gut verstaut und so weit es ging
maussicher gemacht. Wir hatten ein gutes Gefühl unser Heim für eine
Weile zurück zu lassen. Die Vorbereitungen sollten ja gut genug
gewesen sein.
Nach
der recht großen Party bei Beckys Eltern packten wir unsere
Rucksäcke, wieder einmal, und wurden von Noah nach Hartford zum
Flughafen gefahren. Für 18.30 Uhr war der Flug geplant. Eine halbe
Stunde davor gab es allerdings eine interessante Ansage: „Delta
Airlines sucht fünf Freiwillige, die den nächsten Flug, in 12
Stunden, nach Calgary nehmen, da das Flugzeug überbucht ist. Als
Entschädigung erhält jede Person einen 400$ Gutschein.“
Na
das ist ja großartig, unsere Tickets haben zusammen nur die Hälfte
gekostet und einen Tag früher oder später ankommen ist irgendwie
auch egal. Logischerweise waren wir die ersten am Tresen, die sich
meldeten. Also wurden wir in ein Hotel kutschiert, dort einquartiert
und am nächsten Morgen wieder zum Flughafen gefahren. Diesmal nahmen
wir den Flieger. Bei einem Zwischenstop in Minneapolis kam die
gleiche Ansage dann nochmal. Hmmmm, sollten wir noch ein Bisschen
mehr Sahne abschöpfen? Nee, einmal Aufschiebung für unser
Privattaxi in Calgary war genug. Nochmal wollte ich Calvin nicht
anrufen und den Termin Abholtermin verlegen.
Die
Einreise nach Kanada war natürlich wieder mal etwas brisant. Wir
waren logischerweise eine der wenigen, die einer Spezialbehandlung
der Einreisebehörden unterzogen wurden. Doch den Schmarrn bin ich
mittlerweile gewöhnt und nach ein paar Witzchen hier und dort, um
den Stock im Arsch des Beamten etwas zu lockern und den nötigen
Erklärungen, um den Heimatschutzinstinkt des Beamten zu befriedigen,
waren wir wieder freie Menschen des Planeten Erde und begrüßten
Calvin am Terminal, der mit seinem Pickup auf uns wartete.
Es
wurde ein Jeep Cherokee, perfekt für unsere Zwecke: Allrad,
Geländetauglich, alt und billig, um kein schlechtes Gewissen zu
haben, wenn wir das Auto etwas zu sehr verprügeln würden. Nach fünf
Tagen Besuch bei Calvins Familie und endlosen Stunden Internetsuche
kaufetn wir schließlich das Auto nahe Calgary, meldeten es an,
kauften Versicherung und fuhren Richtung Norden. Es gab drei große
Feuer im letzten Jahr im Norden Kanadas, die recht vielversprechend
für die diesjährigen Morcheln waren. Ich rief alte Kontakte an, an
die ich in den letzten Jahren verkauft habe und so wurden wir in ein
Feuer in Nordalberta gelockt, wo wohl schon die ersten Baby-Morcheln
sprossen. Die Fahrt dauerte zwei Tage, doch dann wurden wir endlich
mit einem perfekten Waldbrand links und rechts neben dem Highway
belohnt. Allein beim Durchfahren ließ sich schon erahnen, wie gut
die diesjährige Ernte sein würde.
Zehn
Tage später war das Feuer abgemäht. Es waren mittlerweile viel zu
viele Sammler unterwegs und unsere Erträge brachen langsam ein. So
zogen wir weiter nach Zama City, einer 150-Seelen Oiltown mitten im
Arsch der Welt. Und damit meine ich wirklich im absoluten Nichts.
Zama wurde letztes Jahr von einem ungeheurem Waldbrand heimgesucht
mit Ausmaßen von ca. 50km mal 150km. Es war riesig, nur leider auch
komplett durchgeschmort. Nicht die besten Voraussetzungen für
Morcheln, doch auch dort fanden wir genug Raum, um ordentlich unsere
Eimer zu füllen. Gegen Ende hatten wir Probleme die abendlichen
Geldscheine in die Gürteltasche zu zwängen. Da unsere nächste Bank
ca. 10h Autofahrt weg war, sparten wir alles an und trennten uns
nicht mehr von dem Ding. Wir schliefen mit der Gürteltasche,
sammelten mit der Gürteltasche und wenn wir uns nach einem langen
Arbeitstag bei der abendlichen Waschung die Asche vom Körper
spülten, blieb die Gürteltasche immer im Sicht. Das war schon recht
stressig aber anders gings halt nicht.
Nach
22 Tagen sammeln wurden wir so richtig krank, mit der heftisgten
Angina, an die ich mich erinnern kann. Es war wahrscheinlich einfach
zu viel für unsere Körper: jeden Tag teilweise bis 12h durch
widrigstes Gelände kriechen und schwere Eimer voll mit Pilzen
schleppen, während trilliarden von Mücken nicht abreißende
Angriffswellen starteten – das fordert einen massiven Zoll! Und
dieses Jahr waren die Mücken schlimmer als je zuvor. Becky war
einige Male nah dran ihren Verstand zu verlieren. Bedauerlicherweise
hat sie ihren erbitterten Hass jedes mal dann gegen mich gerichtet.
Sie hat jede Möglichkeit genutzt die von den Mücken verursachten
Spannungen an mir auszulassen. Ich war das Ventil, eine Rolle, die
nicht besonders viel Spaß macht. Aber verübeln kann ich ihr es
nicht. Ich weiß genau, wie es sich anfühlt.
Die
Angina kam so ziemlich genau zur richtigen Zeit. Wir haben nur zwei
Tage Arbeit verloren. Auch den Jeep konnten wir direkt in Zama City
wieder verkaufen und waren bereit den nächsten Monat zu bestreiten.
Freddy, unser Hauptkäufer hat uns eine Mitfahrgelegenheit nach
Dawson Creek gegeben, von wo aus wir nach Prince George trampten, von
wo aus wir den Greyhound-Bus nach Vancouver nahmen. Zwei Tage später
sind wir angekommen und fielen totmüde in einem sauschäbigen Bett
in einem sauschäbigen Hostel in Downtown Vancouver ins Koma.
Die
nächsten Tage verbachten wir mit Überfordertsein von zu vielen
Menschen nach einem Monat Busch. Außerdem aßen wir viel zu viel
Pizza und brachten endlich das Geld zur Bank. Dann gings rein in den
Flieger und ab nach Frankfurt.
Die
ersten vier Wochen bestanden so ziemlich aus Festen, Feiern und
Parties in ganz Deutschland verstreut. Es war großartig all meine
geliebten Familienmitglieder und Freunde nach einem Jahr wieder zu
sehen. Gott sei Dank hat sich nicht viel an unseren Beziehungen
geändert. Einige brauchten ein wenig Auffrischung, doch dann war
wieder alles beim Alten.
Recht
spontan buchten Becky und ich eine zweiwöchige Flitterwochenreise
nach Kreta. So richtig hatten wir das nämlich nie. Unser Domozil war
ein kleines Appartement in Matala, wo in den 70ern eine
internationale Hippie-Gemeinschaft in den Höhlen der umliegenden
Klippen gewohnt hat und das südeuropäische Paradies genoss. Das war
so ziemlich das, was auch wir taten. Mit einem ausgeliehenen Moped
klapperten wir alle Strände der Umgebung ab und verwöhnten uns
täglich in griechischen Tavernas. Sehr viel mehr ist bei dem Trip
nicht erwähnenswert.
Nach
zwei weiteren Wochen in Deutschland gings es für uns wieder auf eine
verlangsamte Rückreise in die USA. Wir hatten einen fünftägigen
Zwischenstopp in Island. Das von uns gebuchte Auto wartete
abfahrbereit am Flughafen. Wir waren zurück im Winter. Es war nur
knapp über null Grad, ungemein windig und regnete ohne Pause. Wir
fuhren nur eine knappe Stunde, gerade so weit bis wir einen
geeigneten Schlafplatz an einer Straßenbuchte fanden. Als wir
aufwachten, bekamen wir einen ersten Eindruck von Island: echt cool!
Leider war das Wetter immer noch so miserabel, weswegen die Sicht
stark eingeschränkt war.
Nach
zwei weiteren Stunden Fahrt, bildete sich dann aber ein Bild. Und
dieses Bild war unglaublich. Viele scharze Lavaberge mit teilweise
gigantischen Gletschern, monströse Wasserfälle und Strände
bestehend aus schwarzem Sand, die teilweise 10km breit und noch viel
länger waren.
Der
Höhepunkt war eine kurze Wanderung in die Berge.
Der
schmale Pfad folgte einem kleinen Fluss. Der Regen setzte ein und es
wurde kälter. Der Pfad wurde zu einer Schlammbahn. Im Allgemeinen
wurde es uns immer ungemütlicher. Doch nach zwei Stunden waren wir
am Ziel. In einem Bergtal lagen links und rechts direkt neben dem
Fluss unzählige Geysire verstreut und sprudelten ihr kochendes
Wasser in den Fluss hinein. Ich lief noch ein Stück weiter bergauf,
bis zu der Stelle, wo der Fluss aus einem engen steilen Canyon als
eiskalter Wasserfall vor meine Füße donnerte. Doch nur 200m weiter
unten, wo Becky und die Geysire waren, verwandelte sich der Fluss in
einen warmen Whirlpool. Wir suchten uns eine tiefere Stelle, rupften
uns die Klamotten vom Leibe und weichten unsere durchgefrorenen
Glieder im heißen Wasser wieder auf. Dieses Ritual wiederholten wir
jeden Tag auf Island. Mal nach einem Spaziergang auf dem Gletscher,
mal nach einem Spaziergang zu den größten Wasserfällen, die ich je
gesehen habe. Nur jedes Mal war es eine andere heiße Quelle, in die
wir uns versengten.
Nach
all diesen großartigen Erlebnissen landeten wir nach drei Monaten
wieder in New York, wo wir von Beckys Eltern abgeholt wurden. Am
nächsten Tag stellte ich fest, dass ich leider meine Kamera im
Flugzeug liegenlassen habe, wo dümmlicherweise fast alle Bilder von
der Europatour drauf waren, ohne dass ich sie zwischengespeichert
habe. Ziemlich dumm was?! Besonders wenn man bedenkt, dass ich auch
meinen Laptop die ganze Zeit dabei hatte.
Zwei
Tage nach unserer Ankunft, kamen auch meine Mutter und Wolfram in New
York an, um ihre erste Reise in Nordamerika zu haben und uns kurz zu
besuchen. Alle zusammen fuhren wir endlich zurück nach New Hampshire
zu unserer Yurte.
Wir
kamen gerade rechtzeitig kurz vor der absoluten Dunkelheit an, um
noch genug Licht zu haben das ganze Ausmaß der Scheiße zu sehen.
Ich stubste die Tür zur Yurte auf und prallte gegen eine Wand aus
feucht-warmer Luft, komplett gesättigt mit Pilz-und Schimmelsporen.
Es war einfach nur eklig. Der halbe Boden war mit Mycelsträngen und
Pilzen übersäat und jede Oberfläche war mit grünem Staub (Sporen)
bedeckt.
Das
Problem war, dass sich aus irgendeinem Grund die Schnüre, die die
Dachplane straff nach unten spannen, locker waren, wodurch sich
Regenwasser am Rande sammelte, die Plane aussackte und es dann
schließlich ins Innere der Yurte reinlief. Den Rest kann man sich
denken.
Das
war natürlich erst mal ein riesiger Schlag ins Gesicht und
dementsprechend deprimiert waren Becky und ich anfangs.
Glücklicherweise haben Jane und Jason uns vier für die drei Tage,
die meine Eltern da waren, Unterschlupf gewährt, sodass wir
wenisgtens den kurzen Besuch genießen konnten. Danach gings ran an
die Arbeit. Wir räumten die Yurte komplett aus, warfen zwei Drittel
unserer Habseeligkeiten weg und putzen was das Zeug hält. Nach 10
Tagen wohnten wir wieder drin und alles war schön. Nur eben eine
ganze Ecke abgespeckt im Vergleich zum Wintersetup.
Die
nächsten Wochen verbrachten wir mit Warten. Wir hatten ein
Grundstück im Auge, dass wir kaufen wollten. Alles was damit zutun
hatte zwang uns zum Warten. Wir erkundigten uns über alles, worüber
man sich erkundigen kann. Und dann entschieden wir uns es einfach zu
tun. Das Gefühl war das richtige. Wir machten ein Angebot. Das ging
dann eine Ewigkeit hin und her bis wir uns mit den Verkäufern auf
einen Preis geeinigt haben.
Auch
warteten wir auf Calvin, meinen Exboss aus Kanada. Er hat uns
angeboten für ihn in den USA zu arbeiten. Cal hat sein Business nach
Oklahoma expandiert, sowie dort drei Häuser gekauft, die renoviert
werden müssen. Das sollten wir übernehmen. Eigentlich wollte Calvin
uns schon Ende September haben, doch es wurde immer weiter nach
hinten verschoben, weil er Probleme mit seinem Arbeitsvisum hatte.
Mittlerweile
sind wir schon in Oklahoma. Das Yurtenleben hat offiziell ein Ende
gefunden. Wir haben die Yurte an ein super nettes, junges Päarchen
aus Vermont verkauft. Keine Bange, die beiden wussten genau, worauf
sie sich einließen. Wir haben uns also mit gutem Gewissen von
unserem ersten „Haus“ getrennt. Die Yurte passt einfach nicht in
unsere Zukunft. Noch einen Winter wollte ich nicht darin durchleben,
so schön es auch war. Für die nächsten sechs Monate wohnen wir in
einem Haus, hier in Alva Oklahoma. Und wenn wir im Mai wieder zurück
an die Ostküste kommen, werden wir Landbesitzer sein und eine Hütte
bauen. Jaaaaa, es ist offiziell. Am Freitag, den 15. November 2013
findet die Titelübergabe statt. Leider können wir nicht selbst vor
Ort sein, doch unser Anwalt übernimmt das. Der Weg dorthin war lang
und recht unbequem, aber die Anstrengungen haben sich gelohnt.
Aus
dem Yurtenblog wird dann vielleicht ein Hausbaublog. Klingt
vielleicht etwas langweilig, wird’s aber bestimmt nicht. Denn wir
bauen kein Stein-auf-Stein-Haus, mit Baufirma usw. Nein, wir bauen
ein Strohballenhaus und zwar selbst und mit Hilfe von Freunden und
Familie (hoffentlich). Alles wird sehr sehr unkonventionell. So
unkonventionell, wie es die Gesetze in Vermont (dort ist das Land)
zulassen. Und Goot sei Dank gibt es in Vermont (fast) keine Gesetze
bezüglich Haus bauen. Wer jetzt denkt „Schwachsinn!“, der liest
doch am besten dann alles auf dem neuen Blog. Da werde ich
hoffentlich alles erklären.
Beste
Grüße
Felix
Wow Felix,
AntwortenLöschenich bin heute auf dein Blog gestoßen und hab mir vorher dein Weltreiseblog durchgelesen. Klingt wirklich wahnsinnig toll was du alles erlebt und erreicht hast. Du hast in mir gerade ziemliches Fernweh geweckt, danke dafür.
Flo