Letzter
Dienstag war ein trauriger Tag. Wir werden wohl noch eine kleine
Weile brauchen, um uns von diesem Schock zu erholen. Nova, unsere
weibliche Katze wurde höchst wahrscheinlich von einer hungrigen
Waldkreatur gefressen. Ich wachte auf und Leo lag auf dem Bett zu
meinen Füßen. Ich startete meinen Tag wie gewohnt, doch nach einer
halben Stunde merkte ich, dass nur eine Katze permanent um mich herum
huschte, was sehr ungewöhnlich war. Als nach Rufen und in allen
Ecken Nachsehen noch immer keine Spur von ihr zu finden war, war die
Sache für mich schon so gut wie sicher. Sie muss einfach
weggeschnappt worden sein. Die Katzen entfernen sich nie weiter von
der Yurte als vielleicht 20m und bleiben jeweils für nur ein paar
Minuten draußen. Besonders Nova war super schreckhaft und nicht
gerade die Abenteuerlustigste. Durch die von mir gebaute Katzentür
haben sie freien Ausgang, den sie auch nutzen. Zwanzig mal am Tag
wird da rein und raus gerannt und Spielchen unter der Yurte gespielt.
Nova muss in der Nacht raus gegangen sein, um ihre Katzenbedürfnisse
zu erfüllen und kehrte nie zurück. Kein Zeichen von ihr, nicht mal
Blut. Es hat auch mitten in der Nacht einen sehr komischen Regenfall
gegeben, der jegliche eventuelle Kampfspuren weggespült hätte.
Urplötzlich fing es wie auf Knopfdruck an zu regnen und zwar so
stark, wie nie zurvor. Es wurde unheimlich laut in der Yurte und
10min später hörte es genauso schlagartig wieder auf und das wars.
Als ob der Himmel Novas Blut von der Erde hinfort spülen wollte.
Nach
dem Frühstück begab ich mich auf die Suche. Humpelnd suchte ich am
Sumpf entlang, wohin ich mich persönlich als Angreufer geflüchtet
hätte. Doch ich fand nichts und als mein Fußgelenkt zu schmerzen
begann humplete ich die 300m zurück. Leo folgte mir und miaute die
ganze Zeit nach seiner Schwester suchend.
Im
Verdacht stehen: Berglöwe, Coyote, Dachs, Adler und Eule –
allesamt Kandidaten, von denen wir wissen, dass sie das Land mit uns
teilen.
Als
Becky nach Hause kam und ich ihr die schlechte Nachricht mitteilte,
kamen uns beiden die Tränen. Sie ging dann noch mal in die andere
Richtung los, wieder Leo folgend und miauend und kam nach 20min
erfolglos zurück. Das wars. Sieben Monate war sie bei uns und jetzt
ist Leo allein und trauert. Und wir auch.
So
ist das in einer heilen Welt mit relativ intaktem Ökosystem: Dinge
fressen und werden gefressen. Rational ist das alles gut und schön,
doch wenn auf einmal ein Familienmitglied verspeißt wird, dann wirkt
die romantisierte Natur und deren Mechanismen plötzlich wie ein
grauenhaftes Konzept.
Eine
Heiterkeit ist, dass der Winter nun endlich vorbei zu sein scheint.
Die letzten 10 Tage oder so waren es am Tag immer über 10 Grad und
sonnig. Letzte Woche kletterte die Temperatur mal auf über 20 Grad.
Ich lag schwitzend in der Sonne neben der Yurte und weihte dann ganz
spontan mal die Badesaison mit einer schnellen Waschung im Bach ein.
Und wie schnell die Waschung war – das Wasser war bur knapp über
null Grad, da sich der Bach noch hauptsächlich aus Schmelzwasser
speiste, das von den letzten Schneefelder aus schattigen
Waldfleckchen abfloss. Großartig wars trotzdem und eine adequate
Begrüßung zum Frühling.